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03. September 2012, Frankfurter Flughafen, Terminal 1

Rechtsanwältin Joy Hensel, Ruhebeauftragte der Stadt Hattersheim am Main
Lärmaktionsplan

Heute wurde der Entwurf eines Lärmaktionsplanes durch das Regierungspräsidium Darmstadt vorgestellt.

Die genauen Daten, wann und wo der Entwurf zum Lärmaktionsplan eingesehen und bis wann die Stellungnahmen beim Regierungspräsidium sein müssen, können Sie dem aktuellen Flyer – der im Anschluss an unseren Rundgang durch das Terminal verteilt wird – entnehmen.

Der Lärmaktionsplan geht auf eine Verpflichtung zurück, die sich aus einer Europäischen Richtlinie von 2002 ergibt: Der sogenannten Umgebungslärmrichtlinie. Auf europäischer Ebene hat man schon frühzeitig erkannt, dass der Umgebungslärm - und hierzu gehört auch der Fluglärm -als eines der größten Umweltprobleme in Europa zu bezeichnen ist. Sie erleben dieses größte Umweltproblem jeden Tag und jede Nacht.

Mit den europäischen Vorgaben soll ein hohes Gesundheits- und Umweltschutzniveau gewährleistet werden. Ein erster Blick in den Entwurf des Lärmaktionsplans und es wird klar: Dieses Ziel wird nicht annähernd erreicht, wenn über 300.000 Menschen in einem durch Fluglärm geprägten Bereich wohnen und leben müssen. Diese Zahl stammt aus dem Entwurf des Lärmaktionsplans und umfasst nur Fluglärmbelastete innerhalb des Lärmschutzbereichs. Bewohner von

•  Rheinhessen,

•  der Wetterau,

•  dem Bayerischen Untermain

sowie alle dazwischen liegenden Städte,

•  von Hanau bis Mainz

werden als solches nicht als Fluglärmbetroffen bewertet.

Zum Vergleich: Die hiesige Lärmwirkungsstudie NORAH bezieht in ihrem Gesundheitsteil - der Kassenstudie - ein Einzugsgebiet ein, das 1,9 Mio. Einwohner umfasst.

Der Lärmaktionsplan zum Frankfurter Flughafen sollte daher für uns alle Anlass sein, sich mit eigenen Vorschlägen an der Planung von Maßnahmen zur Lärmminderung zu beteiligen.

Wir haben lange auf diesen Lärmaktionsplan gewartet, der nach den europäischen Fristen bereits im Sommer 2008 hätte vorgelegt werden müssen. Über vier Jahre wurden wir vertröstet und immer darauf verwiesen, dass zunächst die Schutzzonen des Frankfurter Flughafens im Wege einer Verordnung festgesetzt werden müssten, was dann auch erst, mit vielen Jahren Verspätung, fast vier Jahre nach Erlass der Planfeststellung der Landesbahn im Dezember 2007, im Oktober 2011 geschah. Vom Gesetzgeber war das durchaus genau anders herum gedacht: erst die Lärmaktionsplanung, die alle ihre Möglichkeiten, auch des aktiven Schallschutzes, ausschöpft , und dann, wenn nichts mehr geht die Festsetzung der Lärmschutzzonen an den Flughäfen, die im wesentlich nur Ansprüche auf Entschädigungsleistungen für passiven Schallschutz begründen.

Keiner, der diesen Plan liest und von Fluglärm betroffen ist, sollte schweigen.

Jeder Betroffene soll die Chance ergreifen, an dem Plan mitzuarbeiten und Vorschläge machen, wie die Lärmbelastung zu mindern ist.

Während der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wurde uns von den Richtern immer wieder gesagt, das die Politik Gestaltungsmöglichkeiten bei der Abwicklung des Flugbetriebs hat. Wir müssen uns daher Gehör verschaffen. Nicht die Gerichte entscheiden alles, sondern wir, die Bürgerinnen und Bürger, gestalten. Wir müssen dies nur einfordern.

Der heute veröffentlichte Lärmaktionsplan bemüht sich dagegen darum, den Eindruck völlig normaler Verhältnisse zu erzeugen. Probleme mit dem Fluglärm gibt es so gut wie keine. Lärmminderungsmaßnahmen so der Regierungspräsident werden zu einer „spürbaren Entlastung“ werden. „Spürbare Entlastung“? Wann und für wen, dies ist dem Entwurf nicht zu entnehmen. Man prüft und prüft und die Wahrheit wird verschwiegen: Es wird immer lauter.

Ich möchte an dieser Stelle besonders an Nachtrandstunden erinnern, die zu enormen Belastungen führen und die dazu führen, dass das Nachtflugverbot, das mit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn eingeführt wurde, vielen nicht reicht, da sie im Nahbereich der Bahn bereits morgens um 5:00 früh von lauten Überflügen geweckt werden.

Jede einzelne Stellungnahme von Seiten betroffener Bürger wird dazu beitragen, dem Regierungspräsidium klar zu machen, was diesem in der vorliegenden Fassung am meisten fehlt: Realität.“

Der Plan basiert auf einer Lärmkartierung aus dem Jahre 2007, der wiederum Messungen aus dem Jahre 2005 zugrunde liegen. Die Landebahn Nordwest und die von dieser ausgehenden Belastung finden in dem Plan allein als Gegenstand einer Prognose statt. Die tatsächliche Belästigung durch Fluglärm, die seit der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest um noch einiges flächendeckender besteht, soll erst später in das Verfahren einbracht werden.

Als Lärmminderungsmaßnahmen werden im Lärmaktionsplan die bereits seit 1999 ergriffenen Lärmminderungsmaßnahmen aufgeführt: Haben Sie etwas davon mitbekommen, dass es leiser geworden ist? Ich nicht.

Die Daten belegen, es wurde immer lauter.

Aber was sind die Folgen des Lärms? - Lärm macht krank. - Aber wie krank?

Lassen Sie mich sagen, wir brauchen eine Betrachtung der Auswirkungen des Fluglärms im Rhein-Main Gebiet. Uns droht eine Aushebelung des Nachtflugverbots durch Brüssel, die Pläne zu einer vierten Bahn liegen in der Schublade. Diese Untersuchung der Auswirkungen in der NORAH- Studie hätte am Anfang des Ausbauprozesses stehen müssen, dann könnte wir jetzt schon Konsequenzen im Lärmaktionsplans formulieren. Auch wenn es viele internationale Studien gibt, die die krankmachende Wirkung des Fluglärms, insbesondere für Herz-Kreislauferkrankungen belegen, brauchen wir auch jetzt noch eine Studie, die focussiert ist auf die Region, die insbesondere auch die Kinder und der sonstigen schutzbedürftigen Gruppen in den Blick nimmt. Für diese Gruppen sind die Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes nämlich völlig unzureichend. Wir setzen uns daher ein für eine transparente und klar definierte Studie, die die vielfältigen Belastungen der Bevölkerung des Ballungsraumes Rhein-Main in den Blick nimmt.

Es heißt, weitere „zusätzliche“ Lärmminderungsmaßnahmen seien seit dem Flughafenausbau hinzugekommen: Haben Sie etwas davon mitbekommen, dass es leiser geworden ist? Ich nicht.

Die Anzahl der Betroffenen ist rasant gestiegen. Der Fluglärm hat sich verteilt. Leiser geworden ist es wahrhaftig nicht.

Die Minderung des Lärms wird auch an anderer Stelle blockiert. Sie haben sicher in der letzten Woche davon gehört, dass die Stadt Frankfurt geplant, an einigen Hauptverkehrsstraße in der Nacht das Tempo 30 einzuführen. Diese Maßnahmen war im Rahmen des Lärmaktionsplanes Straße vorgesehen, denn nicht nur der Fluglärm ist zu mindern, sondern sämtlicher Umgebungslärm, einschließlich Straße und Schiene. Als Ruhebeauftragte in Hattersheim bin ich auch für den Lärm durch Straße und Schiene zuständig. Ich finde es außerordentlich bedauerlich, dass der Hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister die Genehmigung zur Einführung an von Tempo 30 an einigen Frankfurter Hot Spots verweigert hat und selbst kleinste Schritte verhindert werden. Daran sehen Sie, wie schwer es die Lärmaktionsplanung auch in anderen Bereichen hat.

Ich möchte noch auf das RegionalfondsGesetz eingehen. das Gesetz wurde im Juni im Landtag verabscheidet und vergangene Woche wurden die Vergabekriterien für zusätzliche Fördergelder vorgestellt. Der Regionalfond wird als „zusätzliche“ Lärmminderungsmaßnahme dargestellt. Der Regionalfond

•  stellt viel zu wenig Geld zur Verfügung

•  - kommt viel zu spät

•  und wird letztendlich weitgehend durch uns Steuerzahler finanziert und

•  er ist nicht nachhaltig - eine Eintagsfliege.

Es handelt sich um eine Einmalzahlung. Das ist nicht das, was sich die Kommunen in den Mediationsrunden und später im Regionalen Dialogforum als kommunalen Lastenausgleich ausbedungen haben.

Der Regionalfond soll weitere Entschädigungszahlungen für Höchstbetroffene, Schulen und andere schutzbedürftige Einrichtungen ermöglichen. Hoch belastete Kommunen erhalten Finanzmittel, um soziale Projekte zu fördern.

In der Anhörung im Hessischen Landtag wurde klar gesagt, dass sich die Zuwendungen nicht an dem wünschenswerten oder sachlich gebotenen orientieren, sondern in erster Linie ein Verteilungsschlüssel für die knappen Gelder gefunden werden musste.

Um das einmal an einem Beispiel deutlich zu machen: In Hattersheim, Ortsteil Eddersheim sind es wieder mal nur 19 Häuser, 16 Haushalte und 27 Betroffene, die berücksichtigt werden. Das ist kaum mehr, als in früheren Schallschutzprogrammen aus den 2000-er Jahren, ohne neues Fluglärmgesetz mit strengeren Grenzwerten und ohne neue Bahn in etwa einem halben Kilometer Entfernung. Die Betroffenen bleiben weitgehend gleich. Man fragt sich, wie das wie das sein kann.

Und wer zahlt? Wenn Sie meinen, dass die Verursacher, also die Luftverkehrsgesellschaften oder die Fraport zahlt, da irren Sie sich. Nein, zum größten Teil das Land Hessen, also wir Steuerzahler.

Das verwundert insofern, als die Fraport bereits in früheren Jahren etwa ab Anfang 2002 erhebliche Beträge von Passagieren und Fracht eingenommen hat, einen hohen zweistelligen Millionenbetrag, um ein ergänzendes Schallschutzprogramm für die Nacht, das das Hessische Wirtschaftsministerium per Bescheid verfügt hatte, zu finanzieren. Bei weitem nicht alle dieser Gelder wurden ausbezahlt. Die Einlage der Fraport in den Regionalfonds kommt daher buchstäblich aus der „stillen Reserve“.

Dieser Regionalfond beweist einmal mehr, dass passiver Schallschutz bundesrechtlich völlig unzureichend geregelt ist. Das Fluglärmgesetz ist dringend zu novellieren.

In meine Sprechstunde kommen viele verwunderte Bürger, die Anspruch auf passiven Schallschutz haben, die aber feststellen, dass das ihne gewährte Schutzniveau völlig unzureichend ist, oftmals nur aus einem einfachen Zulüfter für wenige hundert Euro besteht. Woran liegt das? Die 2. Fluglärmschutzverordnung stellt für die Bemessung des erforderlichen Schallschutzes lediglich auf den Dauerschallpegel ab. Was das bedeutet wissen Sie. Hier hätte Anlass bestanden, vernünftige energieoptimierte Lüfter vorzusehen und das bundesrechtlich geringe Schutzniveau mit den Mitteln des Regionalfonds deutlich anzuheben.

In Berlin, der Flughafen wurde 2004 vor Erlass des neuen Fluglärmschutzgesetzes 2007 planfestgestellt, haben die Bürgerinnen und Bürger Anspruch auf Enhaltung eines einzelnen Innenpegels, der 55 dB(A) in der Spitze nicht überschreitet. Mit andere Worten. Die Berlinerinnen und Berliner sind viel besser geschützt. Der Flughafenbetreiber wollte diese Niveau wegen klammer Finanzen absenken, aber der Druck der Anwohner hat bewirkt, dass er davon Abstand nehmen musste und nun Zusatzkosten von einer halben Milliarde Euro aufbringen muss. Das zeigt, das man etwas erreichen kann!

Weiter wäre es notwendig, Entschädigungen für mit Boenlärm betroffenen WOhngebiete vorzusehen, der Bodenlärm geht nämlich auch in der Nacht weiter durch die BEtriebsgeräusche des FLuglärms, diese sind nicht hinläglich berücksichtigt. Weiter gibt es noch keine Entschädigugn für den Außenbereich. Das gilt insbesondere für Immobilien mit Außenbetrieb wie Reiterhöfe oder Gewerbebetriebe und dergleichen mehr, die gar nicht berücksichtigt sind im Fluglärmschutzgesetz

Es werden dann die geplanten und zu prüfenden Lärmminderungsmaßnahmen aufgeführt, die uns alle schon hinlänglich bekannt sind. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat diese einmal vorgestellt und musste feststellen, dass egal, was noch gemacht wird: Spürbare Entlastungen wird es nicht geben.

Wie auch: Von heute 490 000 Flugbewegungen soll der Frankfurter Flughafen im Jahr 2020 700 000 Flugbewegungen abwickeln. Die Folgen für die Fluglärmbetroffenen sind kaum auszudenken.

Zu Recht weist der Entwurf zum Lärmaktionsplan auf eine Fluglärmentlastung durch die Nutzung anderer Standorte und die Verlagerung von Flügen auf die Schiene hin. Dies gilt es voranzutreiben: Denn nur das Flugzeug, das nicht mehr in Frankfurt startet und landet, bringt eine echte Lärmentlastung.

Wir fordern das Regierungspräsidium dazu auf, sich aktiv darum zu bemühen, den Plan bekannt zu machen und dabei auch bürgernah zu erklären.

In meinen Augen ist der Lärmaktionsplan wert, sehr ernst genommen zu werden – jeder einzelne Bürger hat die Möglichkeit, eigene Vorstellungen einzubringen bzw. den Grad der eigenen Belastung zu schildern. Die dem Ganzen zugrundeliegende Umgebungslärmrichtlinie erfährt in Deutschland bei weitem nicht die Beachtung wie die wesentlich bekanntere Luftreinehalterichtlinie der Europäischen Union. Zur Luftreinhaltelinie haben die Bürger bereits Rechtsprechung erstritten, die feststellt, dass Luftreinehaltepläne einer Stadt nicht wirkungslos sein dürfen, sondern effektiv und grundsätzlich geeignet sein müssen, um die Probleme anzugehen. Die Lärmbetroffenen haben es nun in der Hand, das zu ändern und vernünftige und sinnhafte Maßnahmen einzufordern.

Schreiben Sie alle an das Regierungspräsidium.

Schreiben Sie, dass Sie über ihre Fluglärmbelastung informiert werden wollen.

Letztendlich wird auch die Lärmaktionsplanung zeigen, dass eine Lösung der bestehenden Lärmkonflikte möglich ist, wenn

die Landebahn-Nordwest geschlossen wird

die Flugbewegungen begrenzt werden

ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 h eingeführt wird.

Wir bitten Sie im Rahmen Ihrer Netzwerke, den Bürgerinitiativen, Nachbarschaften, Vereinen über die Möglichkeit der Beteiligung an der Aktionsplanung zu informieren. Das Bündnis der Bürgerinitiativen bietet folgende Unterstützung:

Die Delegierten der Bürgerinitiativen können sich in einer Sondersitzung des Bündnisses der Bürgerinitiativen über die Inhalte des Lärmaktionsplanes informieren.

Das Bündnis der Bürgerinitiativen wird eine Musterstellungnahme auf der Homepage zur Verfügung stellen.

Wichtig ist: Jeder einzelne kann individuell die besondere Belastungssituation darstellen und Maßnahmen zur Fluglärmreduzierung vorschlagen.

Diese Gelegenheit sollten Sie nutzen!

Wenn nicht jetzt, wann dann!

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr