Frankfurt, den 30.01.04
Ticona
bringt Vorzugsvariante der Fraport zum Absturz
Spätestens nach dem Votum der EU – Kommission
ist Schluss
Ministerpräsident Koch landet im Planungschaos
Notwendig ist ein bundesweites Luftverkehrskonzept
Nach dem heutigen Votum der Störfallkommission
hat die von der Fraport favorisierte neue Landebahn in der Nachbarschaft
des Chemiewerkes Ticona keine Realisierungschance mehr. „Spätestens
nach dem Votum der EU – Kommission wird niemand mehr ernsthaft
dieses Variante vertreten“, glaubt Vorstandssprecherin Brigitte
Martin vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ist mit seiner frühzeitigen
politischen „Empfehlung“ im Planungschaos gelandet.
Der BUND plädiert erneut für die Einstellung der Ausbauplanung
in Frankfurt. Stattdessen sollte das überfällige bundesweite
Luftverkehrskonzept mit einer Arbeitsteilung zwischen Flughäfen
und den ICE – Verbindungen der Bahn schnellstens auf den
Weg gebracht werden.
Wegen der drohenden Nähe von unter 500
Metern zwischen dem Chemiewerk Ticona mit ca. 1.000 Arbeitsplätzen
und der geplanten Landebahn hatte die EU – Kommission im
letzten Herbst die Entscheidung des Landes Hessens vom 10.06.2002
zur Variantenfestlegung im Raumordnungsverfahren bereits als Verstoß
gegen die Seveso-II-Richtlinie bezeichnet. Diese frühe und
klare Festlegung der Kommission in einem für Deutschland
erkennbar großen Investitionsvorhaben lässt nur den
Schluss zu, dass die endgültige Baugenehmigung zu dieser
Bahn von der Kommission beanstandet würde. „Die politische
Unterstützung für die Nordwestbahn wird in den nächsten
Wochen erodieren“, glaubt deshalb BUNDvorstandssprecherin
Brigitte Martin.
Der BUND befürchtet nach der heutigen
Entscheidung das Aufbrechen einer neuen Variantendiskussion. Statt
dieser Diskussion fordert der Verband den Verzicht auf den Ausbau
in Frankfurt und die überfällige Erstellung eines bundesweiten
Luftverkehrskonzept für Deutschland, das zu einer echten
Arbeitsteilung zwischen Flughäfen und endlich zur Verlagerung
der Kurzstreckenflüge auf die Schiene führt. Nach einer
aktuellen Antwort des Hessischen Wirtschaftsministers vom Herbst
2003 entfallen allein in Frankfurt über 50 % aller Flüge
auf Entfernungen unter 800 Kilometern und über 20 % aller
Flüge (> 80.000 Flüge) sind „Hüpfer“
über weniger als 400 Kilometern. „Die Kurzstrecke verstopft
in Frankfurt die Kapazitäten und ist Auslöser der Ausbaudiskussion“,
kritisiert Martin.
Von den ursprünglich drei Ausbauvarianten
im Süden, Nordosten und Nordwesten des Frankfurter Flughafens
hatte das Raumordnungsverfahren die von der Lufthansa gewünschte
Südvariante u.a. wegen der Lärmbelastung ausgeschieden.
Die beiden anderen Varianten wurden für raumverträglich
erklärt, wobei der Nordwestvariante trotz des erkennbar sehr
hohen Risikopotentials durch den notwendigen Überflug des
Chemiewerkes Ticona und des Vogelschlagrisikos durch Tausende
von Lachmöwen am Main die bessere Eignung zugesprochen wurde.
Wenn die Nordwestbahn nun wegen des unvertretbaren Risikopotentials
ausscheidet, droht der Bau der Nordostbahn im Frankfurter Stadtwald.
Dies würde die Lärmproblematik des Flughafenausbaus
dramatisch verschärfen, weil dicht besiedelte Stadtteile
Frankfurts und die Großstadt Offenbach niedrig überflogen
werden müssten. Die Frankfurter Oberbürgermeisterin
Petra Roth (CDU) hat sich bei einer Podiumsdiskussion der Frankfurter
Rundschau am 19.01.04 bereits entschieden gegen die Nordostvariante
ausgesprochen. Frankfurt ist Miteigentümer des Flughafenbetreibers
Fraport AG.
Rückfragen beantworten Ihnen
Thomas Norgall, Naturschutzreferent
c/o BUND Hessen
Triftstr. 47, 60528 Frankfurt/M. - Niederrad
Telefax: 069 - 67 73 76 20
eMail: thomas.norgall@bund.net
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