Sehr geehrte(r) ... (Name) Sie sollen in der Sondersitzung am 5. November dieses Jahres einer Abweichung vom Regionalplan Südhessen zu Gunsten der Fraport AG und der Lufthansa AG zustimmen. Das erwartet die Hessische Landesregierung, die sich einseitig in den Dienst der Luftverkehrswirtschaft stellt, jetzt von Ihnen, nachdem der VGH deren „Korrekturen" an dem von Ihrem Parlament verabschiedeten Plan als rechtswidrig bewertet und aufgehoben hat. Den Unternehmen Fraport AG und Lufthansa AG soll der Bau einer gigantischen Werft außerhalb des Zaunes im Bannwald erlaubt werden. Darin sollen nicht nur der A380 sondern auch die anderen Interkontinentalflugzeuge gewartet und repariert werden. Dadurch entstehen zusätzliche Belastungen durch reine Reparaturflüge, Zuliefer- und Ersatzteilflüge, und zusätzlicher Verkehr am Boden, was durch das geplante Parkgelände für mehr als 30 LKWs neben der Halle belegt ist. Der Bodenlärm durch Land- und Luftfahrzeuge würde weiter zunehmen. In den Unterlagen der Planänderung räumt Fraport jetzt erstmals ein, dass es im heutigen Betriebsgelände sieben geeignete Flächen gibt. Sie bezeichnet diese aber sofort wieder als unzumutbar, weil sie höhere Kosten gegenüber dem Waldeinschlag bedeuten. Überragendes öffentliches Interesse kann nicht geltend gemacht werden. Die Wartung könnte auch anderswo in Deutschland erfolgen, wo es bereits geeignete Einrichtungen gibt, oder die negativen Auswirkungen geringer ausfielen. Für unsere Volkswirtschaft kann es nur von Vorteil sein, wenn der Standort nicht mit so vielen negativen Auswirkungen behaftet ist. Fraport und Lufthansa wollen die Werft nur wegen der eigenen wirtschaftlichen Vorteile hier bei uns ansiedeln. Auch das ständig und für alles bemühte Totschlagargument von den Arbeitsplätzen zieht nicht. Fraport selbst räumte im Erörterungstermin ein, dass höchstens 250 neue Arbeitsplätze entstünden, nicht jetzt sondern erst dann, wenn die für den absehbaren Bedarf völlig überdimensionierten Anlagen vielleicht in zwanzig Jahren voll ausgelastet wären. Diese relativ wenigen Arbeitsplätze wären in anderen Regionen dringlicher als für das Rhein-Main- Gebiet, in das täglich Hunderttausende einpendeln müssen damit die hier angebotene Arbeit bewerkstellig werden kann. Sind Ihnen die Zeitungsmeldungen der letzen Monate noch in Erinnerung? Überall war vom stattfindenden oder geplanten Abbau von Arbeitsplätzen in der Luftverkehrsbranche zu lesen: Personalkosten werden eingespart, Arbeitskräfte, auf die man nicht verzichten kann, werden in die billigeren Tochterfirmen verschoben, dringender Rationalisierungsbedarf überall, z. B. Automaten statt Angestellte, die das Einchecken bei der Lufthansa übernehmen. Die neuen Super-Jets werden nur aus Spargründen gebaut, sie sollen auch bei den Personalkosten zu kräftigen Einsparungen führen. Herr Bender argumentiert immer wieder mit einem Gutachten, das angeblich fantastische Zuwächse „errechnet", hält es bezeichnenderweise aber unter strengem Verschluss. Der Autor verwendet wohl immer noch die Formel aus den 90er-Jahren „eine Million mehr Passagiere bringt tausend neue Arbeitsplätze", die längst nicht mehr gilt. Die Globalisierung schafft Arbeitsplätze am andern Ende der Interkontstrecken, die von den neuen Riesen bedient werden. Noch schriller ist die Behauptung, die Rhein-Main-Region gehe ohne den Ausbau des Flughafens, dessen erster Teil der Bau der Werft ist, wirtschaftlich zu Grunde. Ein Flughafen, auch der größte Deutschlands, bedeutet keine Garantie dafür, dass angestammte Firmen hier bleiben. Dominiert eine Branche eine Region als Monostruktur zieht sie bei eigenen Schwächen die ganze Region nach unten. Denken Sie an die Hoechst AG, an Lurgi, an die aktuellen Überlegungen bei Opel ... Die hohe Abhängigkeit vieler Arbeitsplätze vom Flughafen birgt hohe Risiken. Befragungen und Gutachten, die nicht im Auftrag des Flughafens durchgeführt wurden ergeben ein anderes Bild als es die Ausbaubefürworter gerne malen. Noch mehr Flughafen bedeutet noch mehr Lärm, noch mehr Schadstoffe, noch mehr Risiko. Unattraktiv für Unternehmer, die einen neuen Firmensitz suchen. Sie bevorzugen „weiche" Standortfaktoren, wie Ruhe für die Denker an den Spitzen ihrer Firmen, gesunde Naherholungsmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter, Schulangebote für deren Kinder, vielfältige Kultur. Das ist heute schon wichtiger als ein Flughafen und sei es der mit dem dichtesten Verkehrsaufkommen und den meisten Zielen. Luftverkehrsanbindung kommt in den Umfragen auf einen der hinteren Ränge. Eine Abweichung vom Regionalplan zugunsten des Werftbaues außerhalb des Zaunes bringt den Menschen, für die Sie in diesem Regionalparlament sitzen, und für die Natur unserer Heimat nur Nachteile. Wir bitten Sie deshalb um Ihre Stimme für die Region: Lehnen Sie den Abweichungsantrag ab! Mit freundlichen Grüßen