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18. Januar 2012

Hartmut Wagner

Zum Thema: Nachtflugverbot und Rücknahme der Revision.

Wir fordern ein stringentes und echtes Nachtflugverbot, und zwar während der Zeit von 22 bis 6 Uhr.

Es ist bekannt, dass die gesetzliche Nacht von 22 bis 6 Uhr währt; die sog. Mediationsnacht (23 bis 5 Uhr) ist nicht ausreichend, um das Schafbedürfnis eines durchschnittlichen Menschen zu befriedigen. Zahlreiche medizinische Studien zeigen, dass die Störung der Nachtruhe in ganz besonderem Masse gesundheitsschädlich ist. Sie fördert eine Reihe schwerwiegender Erkrankungen, ich nenne hier nur Blutdrucksteigerungen und Erkrankungen des Herz-Kreislaufs. Wir befinden uns mit dieser Forderung in guter Gesellschaft, wie etwa der des Umweltbundesamts in seiner neuesten Publikation zum Ausbau der Berliner Flughafens aus diesem Monat (http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/4209.pdf, dort Seiten 78 bis 80), weiterhin die Greiser-Studie.

Umso unverständlicher ist, dass das Land Hessen an seiner Forderung von der Zulässigkeit nächtlicher Flüge sogar in der Mini-Mediationsnacht festhält. Um es in aller Gedächtnis zurückzurufen: der Flughafenbetreiber hatte ein Nachtflugverbot für die Zeit von 23 bis 5 Uhr beantragt, aber die Genehmigungsbehörde, das Hess. Wirtschaftsministerium, hatte dennoch in seinem Planfeststellungsbeschluss durchschnittlich 17 Flüge in der Zeit von 23 bis 5 Uhr für zulässig erklärt. "Durchschnittlich" ist auf das ganze Jahr bezogen – es spricht also nach dem Planfeststellungsbeschluss nichts dagegen, wenn in einzelnen Nächten 50 Flugbewegungen stattfinden, wenn diese an anderen, verkehrsschwachen, Tagen, gleichsam wieder eingespart werden. Der VGH Kassel hat in seinem Flughafenurteil ausgesprochen, das Ermessen bezüglich der Zulässigkeit von Flügen in der genannten Zeit sei falsch ausgeübt worden, es tendiere gegen null. Weiterhin ist in der Entscheidung enthalten, dass die Tagesrandstunden von 22 bis 23 und 5 bis 6 Uhr nur schonend beflogen werden sollen, und davon will weder der Ministerpräsident noch große Teile der Politik irgendetwas wissen.

Nun hat der Ministerpräsident in den letzten Tagen, entgegen jahrelanger Äußerungen, erklärt, er sei ja durchaus für ein Nachtflugverbot während der sog. Mediationsnacht, aber dennoch müsse das Land Hessen an seiner Revision gegen das Urteil des VGH festhalten, nur so könne die erforderliche Rechtssicherheit erlangt werden. Wenn "Leipzig" ein Nachtflugverbot statuiere, so werde es befolgt. In diesem Zusammenhang gestatte ich mir die Bemerkung, dass es aus Rechtsgründen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts befolgt werden müssen , ob die Hess. Landesregierung will oder nicht, denn die Exekutive des Landes Hessen ist selbstverständlich an höchstrichterliche Urteile gebunden.

Die Frage ist doch, was das Land Hessen will . Hier lohnt sich ein Blick auf die Ausführungen des vom Land beauftragen Rechtsanwalts Dr. Gronefeld in seiner Revisionsschrift vom 19.3.2010. Dort ist kein einziges Argument für ein Nachtflugverbot zu finden, sondern immer nur, warum Flüge selbst zwischen 23 und 5 Uhr erforderlich seien. Die Bekenntnisse des Ministerpräsidenten, es werde nachts nicht geflogen, wenn dies rechtlich zulässig sei, werden so ad absurdum geführt. Denn dann hätte der Anwalt des Landes doch Argumente für ein Nachtflugverbot vortragen müssen – und die gibt es zuhauf.

Jeder weis, dass inzwischen – im Wege der Eilentscheidung – der Hess. VGH ein Verbot von Flügen in der Zeit von 23 bis 5 Uhr angeordnet hat. Und siehe da, es geht! Keine Fluggesellschaft ist deswegen in Insolvenz gefallen, die Rhein-Main-Region liegt nicht danieder, aber die Menschen empfinden es als große Erleichterung – freilich nicht als die Gewährung der erforderlichen Menge Schlafs, die hätten sie nur bei einem Ruhen des Flugbetriebs zwischen 22 und 6 Uhr. Allerdings wird dieses Mini-Nachtflugverbot nur sehr nachlässig gehandhabt, wenn etwa in der Nacht vom 8. auf den 9. Januar 2012 18 und in der Nacht vom 20 auf den 21. Dezember 2011 16 Flüge stattfanden, um nur zwei krasse Beispiele herauszugreifen. (Quelle: Deutscher Fluglärmdienst, http://www.dfld.de/DFLD/index.htm). Wohlgemerkt: es handelte sich weder um Sanitäts- noch sonstige Notflüge, über deren Notwendigkeit braucht niemand zu diskutieren. Das Geschrei der Fluggesellschafen ist aber groß, wenn, was bislang gerade 2 mal geschehen ist, ein Flugzeug um kurz nach 23 Uhr wieder die Startposition verlassen muss und nicht abheben darf. Ich will nochmals auf das Argument der Rechtssicherheit zurückkommen. Dieses zieht nicht. Wenn durch Rücknahme der Revision das Urteil des VGH rechtskräftig wird, dann ist es zu befolgen, Punktum. Ein Planergänzungsverfahren wäre lt. Urteil erforderlich. Das würde genauso gelten, wenn das Bundesverwaltungsgericht das Urteil aus Kassel bestätigt. Auch dann käme es zum Planergänzungsverfahren. Erforderlich wird dann eine Offenlage, eine Erörterung und der Erlass eines Planergänzungsbeschlusses. Das hätte man aber schon unmittelbar nach dem Urteil des VGH machen können. Statt dessen wird mit dem vorgeschobenen Argument der Rechtssicherheit ganz offensichtlich gehofft, dass das Bundesverwaltungsgericht das für die Bürger und Bürgerinnen insofern günstige Urteil aufhebt und Nachtflüge zulässt. Sicher ist nämlich, dass das Bundesverwaltungsgericht von sich aus keine Zahl erlaubter nächtlicher Flüge nennen wird; es ist nur befugt, die Entscheidung aus Kassel auf Rechtsfehler hin zu überprüfen.

Auch hier wieder machen sich die Landesregierung und die sie tragenden Parteien abermals unglaubwürdig. Es steht in einer Reihe mit den gebrochenen Zusicherungen zweier Amtsvorgänger des derzeitigen Hess. Ministerpräsidenten: Eichel hat erklärt, dass kein Baum mehr fallen werde, Koch, es gäbe einen Ausbau nur mit einem Nachtflugverbot. Dem hat sich der Hessische Landtag angeschlossen. So wächst das Misstrauen ins Unendliche und die Politikverdrossenheit. Irgendwelche Versprechungen, wie die Prüfung der Möglichkeit lärmarmen An- und Abflugs oder das Hoffen auf leiseres Fluggerät kann der Ministerpräsident sich sparen. Die Rücknahme der Revision wäre dagegen kein Versprechen, sondern ein hartes Faktum, und nur damit kann die Politik noch punkten. Das Land Hessen wäre auch nicht daran gehindert, nach Rücknahme der Revision in dem Planergänzungsverfahren ein absolutes Nachtflugverbot in der Zeit von 22 bis 6 Uhr anzuordnen. Das Ergänzungsverfahren ist in Zeit und Umfang überschaubar. Zu beteiligen sind nur der Flughafen und die Flughafennutzer.

Dass Herr Bouffier geruht hat, uns (endlich) wenigsten einmal anzuhören - nachdem die Flugverkehrswirtschaft immer ein offenes Ohr vorfindet - hat uns nichts gebracht. In der Einladung zum Gespräch in der Staatskanzlei am 18.1.2012 davon zu sprechen, er wolle wissen, wie die Belästigungen in der Region sind, ist fast ein Hohn: das haben doch die Beamten des Landes Hessen schon im Genehmigungsverfahren berechnet – oder sollten sie sich und der Großteil der Politiker eben ver rechnet haben? Sie haben sich auf jeden Fall hinsichtlich der Reaktion der Bevölkerung auf die Zunahme des Flugbetriebs – der ja angesichts der prognostizierten Steigerungen nur ein Anfang ist – verrechnet oder gar die Bevölkerung bewusst getäuscht.

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr