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Rede Dr. Michael Wilk (BBI, AKU-Wiesbaden) 24.03.2012

Bundesweit und auch in Frankreich demonstrieren heute tausende gegen Fluglärm und Umweltbelastungen durch einen ungezügelten Flugverkehr. Wir stehen hier vor dem Tor der Lufthansa, einer der führenden Konzerne in Sachen Lärm.

„Ruhe und Unruhe in der Region und nicht nur hier…“

Liebe Anwesende,

Der Chef von Lufthansa Cargo sagte vor kurzem sinngemäß: „Nur mit vielen Flügen, natürlich auch nachts, machen wir Umsatz und machen Profit, und nur wenn wir Profit machen, können wir uns modernere / leisere Flugzeuge leisten.“

Das bringt es auf den Punkt. Die Intention ist klar: Lasst uns fliegen- lasst uns noch mehr Geld verdienen- lasst uns noch mehr Krach und Schmutz in die Luft blasen! Dann und nur dann, bekommt ihr eventuell mal ein leiseres Flugzeug.

Hier zeigt sich die perverse Logik des „höher, schneller, weiter“. Die menschenverachtende Denke grenzenlosen Profits einerseits und darüber hinaus ein offenkundiges Moment von Erpressung.

Als ob wir nur Anspruch auf weniger Lärm, Anspruch auf Gesundheit hätten, wenn wir bereit wären, ihre Art zu Denken und zu Handeln, ihre absurde Logik der Gewinnmaximierung zu akzeptieren.

Das jedoch werden wir nicht tun. Wir sagen: Unser Recht auf Gesundheit, unser Recht auf körperliche Unversehrtheit ist nicht verhandelbar!

Wir wurden schon von Seiten der Medien gefragt, ob es denn nach einer positiven Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig Schluss sei mit den Demonstrationen? Dazu sagen wir als Bündnis der Bürgerinitiativen klipp und klar: Eine Entscheidung des Gerichts, die uns ein eingeschränktes Nachtflugverbot zuspricht, ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber wir wollen mehr: Nachtflugverbot von 22.00-6.00 Uhr und eine Deckelung der Flugbewegungen am Tage. Flugverkehr in diesem Ausmaß, mit vielfachen gesundheitlichen Folgeerkrankungen, ist Körperverletzung. Wir bringen es auf den Punkt, wenn wir fordern: Die Bahn muss weg!

Wir erinnern uns: Die Flugsperre von 23- 5.00 Uhr war das Trostpflaster, das den geplagten Menschen der Region als Kompensation der Flughafenerweiterung versprochen wurde. Die Landesregierung kippte den eh schon faulen Kompromiss in typisch willfähriger Manier- und dokumentierte damit auch dem allerletzten Politikgläubigen, wessen Interessen sie vertritt.

Die Mediation, vom Bündnis der Bürgerinitiativen nie akzeptiert, sollte uns um den Preis des kastrierten Nachtflugverbots befrieden und ruhigstellen. Von Börner bis Bouffier, wir sind uns völlig darüber im Klaren, dass die Maximen des Profits und die Gesetze des Cash-flow das Denken und Handeln der Politiker bestimmen…

Wir wissen, dass die enge Verzahnung von Wirtschaft und Politik jedwedes Verantwortungsbewusstsein bei den etablierten Parteien abgeschliffen und zur Floskel hat werden lassen…

Roland Koch („die Bahn gibt es nur mit Nachflugverbot“) freut sich jetzt über eine Sofortvergütung von 1,5 Millionen Euro- bezogen für seine Tätigkeit beim Bauriesen Bilfinger, der an der Nordbahn politische Entscheidungen in Beton gießen konnte. Das ist ein erkleckliches mehr als die 180 000 die er als Ministerpräsident beziehen durfte.

Aber Herr Koch ist noch weit entfernt von den 16,6 Millionen des Herrn Winterkorn (VW) und auch von den 9,4 des Herrn Ackermann. Beträge bei denen uns und vor allen den Niedriglöhnern von Fraport und Lufthansa die Ohren klingeln. Menschen, die im Übrigen einen harten Job, Schicht, laut und schmutzig – für geringes Geld machen. Und ich sage nochmals ganz klar an dieser Stelle: Diese Menschen sind nicht unsere Gegner.

Warum nenne ich diese Zahlen? Warum spreche ich das an? Es geht mitnichten um eine Sozialneiddebatte!

Herr Schulte, Vorstandvorsitzender von Fraport, verweist zu Recht auf die enge Bedeutung des Frankfurter Flughafens mit der Metropolengesellschaft Rhein-Main. Deutliche Worte in Bezug auf Mobilitätsanforderungen, die nicht nur die höchste Bankendichte auf dem europäischen Festland im Auge haben, sondern die Steuerungsfunktionen einer „global city“. Verstanden werden darunter Entscheidungszentren internationaler Ökonomie, in denen die weltweiten Kapitalkreisläufe und industriellen Produktionsprozesse koordiniert werden.

Hört sich gut an, und entspricht auch dem Bewusstsein einer Entscheider-Elite, die den Verbund aus Banken, Börse, Messe und Flughafen eben gerne als Motor und Getriebe einer Region definieren. Dabei vergessen sie aber, dass das Herz der Region aus Menschen besteht. Menschen aus Fleisch und Blut, mit Wünschen und Sorgen. Wir stehen hier, weil uns die Maxime der Umsatzsteigerung mit einem Lärmteppich überzieht, der das Märchen einer unbegrenzten Wachstumsideologie Lügen straft. Ein Wachstumsfetischismus, der beispielsweise 70 % der Stadtfläche Offenbachs in eine Lärmzone verwandelt.

Fraport und Lufthansa sind selber keine Wohlfahrtsinstitute, denen die Schaffung von Arbeitsplätzen am Herzen läge. Das Gegenteil ist der Fall: Wo es nur geht, wird rationalisiert und wo es nur geht, werden Arbeitsplätze abgebaut. Das, was den Menschen als Zukunftssicherung verkauft wird, bedeutet für die am Flughafen Beschäftigten vermehrter Arbeitsdruck und Stress. Ganze Unternehmensbereiche werden ausgegliedert, um mit Tochterunternehmen noch mehr Leistung für weniger Geld aus den Menschen herauszupressen.

Der Flughafen ist zudem ein wesendliches Element im Stellenabbau anderer Betriebe: „Slim-“ und „Just-in-Time“ Produktion sind durch ihn oft erst möglich.

Es ist bekannt, dass die herrschenden Gesetze der Wirtschaft nicht nur ungesund sind was den Lärm angeht, sondern sie sind auch sozial ungesund.

Die Gesellschaft klafft mehr und mehr auseinander, einige wenige werden immer reicher, weitaus mehr aber immer ärmer. Und an diesem Punkt schließt sich der Kreis und es wird endgültig perfide und gemein: Diejenigen die nicht auf der Butterseite der Gesellschaft stehen oder schon hineingeboren sind, die den Verlust des sozialen Status fürchten und denen Harz VI (364 Euro) droht, werden als politische Manövriermasse missbraucht. Sie sollen gegen diejenigen ausgespielt werden, die sich weigern ihre Gesundheit dem Profit eines Großunternehmens zu opfern- in diesem Falle uns.

Und hier weigern wir uns. Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen.

Gesundheit, Ökologie und der Wert von Menschen sind keine Ware. Soziale Gerechtigkeit geht nur mit – und nicht gegen Ökologie.

Wenn uns Politiker und Manager weiß zu machen suchen, dass Gesundheit und Ökologie auf die wirtschaftliche Entwicklung Rücksicht nehmen müssten, dann stimmt etwas nicht. Im Zweifel die wirtschaftliche Entwicklung und die Politiker.

Morgen ist OB-Wahl in Frankfurt. Es kann nichts schiefgehen: Feldmann ist Fluglärm bewegt. Boris Rhein ist Fluglärm bewegt. Dumm ist nur: Die Landes- SPD steht auf Flughafenausbau, die CDU auch. Dann gibt's noch die Grünen: Ebenfalls ein wenig irritierend- in Frankfurt für Boris Rhein- der steht für Machterhalt. Cohn Bendit, vertretend die Landtagslinie, stärkt jedoch Feldmann den Rücken, natürlich spekulierend auf die nächste Hessenwahl. Ist das verwirrend? Nein ist es nicht! Es ist nur Wahl, und die Vertreter der Parteien sind geschmeidig im Geiste, ein Phänomen was sich nach der Wahl schnell wieder gibt, wenn Machterhalt, Zweckpragmatismus und Konzernfreundlichkeit wieder die Oberhand gewinnen.

An dieser Stelle muss ich einen zitieren den ihr alle kennt: Wilhelm Bender (Vorstandsvorsitzender Fraport 93-2009) „Zu meiner Zeit als Vorstandsvorsitzender waren schon Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit, Ruppert v. Plottnitz, Tom Koenigs im Gremium (Aufsichtsrat) – und ich sage ihnen, die Zusammenarbeit war hervorragend“.

Ich will nicht bestreiten, dass es in Parteien nicht auch Menschen gibt, die es ehrlich meinen und die Respekt verdienen- aber in ihrer politischen Funktion stehen die Parteien für Machterhalt und ihr Denken bewegt sich eher in fünf Jahres Legislaturperioden und orientiert sich am „Zweckpragmatismus der Ökonomie“- was das bedeutet kennen wir, die wir hier stehen, nur all zu gut.

Macht korrumpiert - viel Macht korrumpiert viel.

Was ich damit sagen will ist: Wahlen sind nicht unser Metier – wer seine Stimme abgibt, hat oft genug bald nichts mehr zu sagen!

Die Erfahrung zeigt: Soziale- ökologische Ziele werden nicht mit, sondern eher gegen Politiker durchgesetzt. Geben wir uns bitte keinerlei Illusionen hin. Wir setzen auf Selbstorganisation und unsere eigene Kraft und Stärke- wir sind die Hefe im Teig- nur wir setzen es durch: Nachtflugverbot von 22.00 -6.00 Uhr, die Begrenzung der Flugbewegungen, „Die Bahn muss weg!“

Am Schluss zwei Hinweise auf Aktionen, die mir persönlich wichtig erscheinen:

1. Am Freitag den 30. März finden an den großen Flughafen-Terminals Demonstrationen gegen die unmenschliche Abschiebepraxis statt. Auch hier in Frankfurt werden pro Jahr tausende Menschen abgeschoben. Wir sind gut beraten, über den Tellerrand der Lärmbetroffenheit hinaus zu sehen und die Zusammenhänge wahrzunehmen.

2. Am Monatsende und Mitte Mai finden in der von Fraportchef Schulte so positiv dargestellten Metropole Frankfurt Aktionen statt, die die von mir genannten herrschenden Gesetze der Ökonomie und die Rolle der Banken problematisieren. Auch da gibt es Zusammenhänge zu entdecken.

Wir sehen uns. Wir kommen wieder.

Ich danke euch.

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr