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27.August
2012, Frankfurter Flughafen, Terminal 1
31. Montagsdemo - Rede
von Helmut Mader
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
im Namen der Niederräder Bürgerinitiative
„In Eintracht gegen Fluglärm“ begrüße
ich Sie herzlich auf unserer 31. Montagsdemo.
Niederrad, meine Damen und Herren, ist das
Flörsheim des Ostens; aus Sicht des Flughafens das letzte
östliche Wohngebiet in der Einflugschneise der neuen Landebahn
Nord-West vor dem Aufsetzpunkt.
Keine Angst, ich werde Sie jetzt nicht mit
elegischen Berichten langweilen, was es heißt, wenn Flugzeuge
in 300 m Höhe mit ausgefahrenem Fahrwerk und voll ausgefahrenen
Landeklappen über Wohnhäuser, Schulen, Kindergärten,
Alten- und Pflegheime fliegen. Sie alle kennen das aus eigener
täglicher (und leider auch nächtlicher) Erfahrung.
Alle, die Sie hier sind, leiden unter Fluglärm
und Emissionen in unterschiedlichem Ausmaß und in vielfältiger
Wirkung. Beim einen ist es der Landeanflug, beim anderen der Startverkehr.
Bei manchen, wie bei uns Niederrädern, ist es beides. Beim
einen ist es die Landebahn Nord-West; beim anderen ist es die
alte Süd-Bahn oder die Center-Bahn, oder die Startbahn West.
Beim einen ist es die Gegenanflugstrecke; bei einem anderen die
Süd-Umfliegung. Manche werden hauptsächlich bei Westwind,
andere eher bei Ostwind, und wieder andere bei beiden Windrichtungen
(wie Flörsheim und wir in Niederrad) malträtiert.
Liebe Freundinnen und Freunde, die Einwirkungen
des Flugbetriebs in Rhein-Main mögen je nach Standort von
unterschiedlicher Intensität und Wahrnehmung sein. Was uns
aber alle verbindet, ist unser gemeinsames Leiden unter Fluglärm
und Emissionen. Da hilft es wenig, darüber zu diskutieren,
an welchem Ort es schlimmer und welchem Ort es erträglicher
sein könnte. Natürlich sind manche im Süden Frankfurts
geneigt zu sagen, wir wünschten die Flugzeuge flögen
bei uns so hoch wie etwa über Mainz. Wer aber einmal in Mainz
war, merkt schnell, wie quälend auch dort die Lage ist. Es
bringt uns nichts, wenn wir gegeneinander aufrechnen.
Noch weniger bringt es uns, wenn wir versuchen,
den Lärm umzuverteilen. Wenn man an der Grenze der Belastbarkeit
ist, ist es zwar menschlich durchaus verständlich, sich etwas
Erleichterung zu wünschen, auch wenn damit andere mehr belastet
werden. Vor diesem St. Florians-Prinzip kann nicht genug gewarnt
werden. Meine Damen und Herren, liebe Freunde, damit arbeiten
wir in die Hände unserer Peiniger. Genau das will die andere
Seite. Uns gegeneinander ausspielen. Wenn wir das zulassen, mag
zwar die eine oder die andere Gemeinde einen vorübergehenden
Vorteil erringen, als Region haben wir aber verloren. Denn der
Flugverkehr wird damit nicht weniger. Er wird im Ganzen auch nicht
leiser. Das Rhein-Main-Gebiet als Ganzes bleibt verlärmt
und vergiftet. Nur die örtlichen Schwerpunkte werden verschoben.
Wenn das angestrebte Kapazitätsziel mit mehr als 700.000
Flugbewegungen im Jahr erreicht ist, werden auch die vermeintlichen
Gewinner wieder zu den Verlierern zählen. Lasst Euch nicht
täuschen!
Mit großer Sorge beobachten wir die
Neigung einzelner Kommunalpolitiker, sich aus der Solidargemeinschaft
zu lösen, um für ihre Gemeinden Entlastung zu erreichen.
Solange der Flugverkehr nicht reduziert wird, geht das immer zu
Lasten Anderer. Ein anschauliches Beispiel ist die sogenannte
Südumfliegung, die interessanterweise nur im Westen des Flughafens
als erforderlich betrachtet wird. Damit wurden bestimmte Städte
vom Startverkehr befreit, aber andere davon verstärkt betroffen.
Vergleichbare Interessenskonflikte bestehen in der Verteilung
des Landeverkehrs zwischen den beiden Landebahnen.
Die neueste Heimtücke ist die sogenannte
Rückenwindkomponente. Es gibt mindestens einen Bürgermeister
in unserer Region, der sich dafür stark macht, die Rückenwindkomponente
auf 7 Knoten zu erhöhen. Das würde nach Expertenaussage
zu einer Erhöhung der Landeanflüge in Betriebsrichtung
25 von jetzt 75% auf dann 90% aller Tage des Jahres führen.
Im Klartext: 90% aller Landeanflüge würden von Osten,
also über das Kinzigtal, Hanau, Offenbach und den Frankfurter
Süden erfolgen. In diesem Korridor leben über 300.000
Menschen. Von Herzen gönne ich den Menschen westlich des
Flughafens die dort dann eintretende Entlastung. Aber wollen sie
diese wirklich auf Kosten einer noch stärkeren Belastung
ihrer Nachbarn auf der anderen Seite des Flughafens erreichen,
die jetzt schon 75% der Landeanflug-Last tragen?
Fraport hat diese Steilvorlage sofort angenommen
und versucht nun die Solidargemeinschaft zu spalten. Unter der
scheinheiligen Überschrift „Optimierung beim Betriebsrichtungswechsel“
stellt Fraport den Rückenwind-Vorschlag auf ihrer Webseite
grafisch dar. Da fällt auf, dass es auf der abgebildeten
Flugroutenkarte die Nord-West-Landebahn gar nicht gibt. Damit
wird vorgegaukelt, dass der Westwindlandeverkehr (und künftig
auch bei bis zu 7 Knoten Ostwind) Offenbach nur im Süden
tangiert, an Neu-Isenburg nördlich vorbeiführt, und
Frankfurt völlig unberührt bleibt. Das ist aber nicht
wahr. Die in der Illustration unterdrückte Landebahn Nord-West
wird erfahrungsgemäß stärker frequentiert als
die alte Süd-Bahn. Oder dürfen wir antizipieren, dass
Fraport mit dieser irreführenden Darstellung sich bereits
auf die Schließung der Nord-West-Bahn einstellt? Das würde
aber besagtem Bürgermeister nicht gefallen. Denn dann würde
seine Stadt doch noch den mit 10% relativ gering verbleibenden
Ostwind-Landeverkehr abkriegen, nachdem sie durch die Südumfliegung
vom startenden Verkehr bereits befreit ist.
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, bitte
lassen Sie nicht zu, dass wir auseinanderdividiert werden, weder
von Fraport, noch von der Landesregierung, und schon gar nicht
durch uns selbst. Nur gemeinsam sind wir stark. Unsere Bewegung
schöpft ihre Kraft aus der Einigkeit und Solidarität
aller Menschen in unserer Region. Wir müssen gemeinsam Position
beziehen. Es darf in unseren Reihen keinen Judas geben.
Wer sich heute durch Gestaltungen, wie die
geschilderten, einen vordergründigen Vorteil zu Lasten anderer
Betroffener verschafft, fällt der Gemeinschaft in den Rücken.
Die Front der Fluglärmgegner wird damit geschwächt.
Das ist von der anderen Seite gewollt. Dann wird man bald freie
Hand haben. Der Widerstand wäre gebrochen.
Deshalb nochmals mein Apell.:Lasst
uns zusammenstehen. Gemeinsam werden wir es schaffen, dass unsere
Region wieder lebenswert wird. In Flörsheim, wie in Raunheim.
In Mainz, wie in Rheinhessen. In Rüsselsheim, wie in Nauheim.
In Hanau, wie in Gelnhausen. In Offenbach, wie in Neu-Isenburg.
In Frankfurt und in allen jetzt nicht genannten Städten und
Gemeinden unserer schönen Heimat.
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