03. März 2013
Offener Brief an Herrn Dr. Stefan Schulte, Vorstandsvorsitzender Fraport AG
in einer Pressemitteilung vom 25. Februar teilen Sie mit, dass Sie Ihr Wertesystem weiter ausbauen, indem sie zwei neue Verhaltenskodizes verabschiedet haben, die sich an „den Prinzipien des UN Global Compact, den Leitsätzen der OECD für multinationale Unternehmen sowie den Kernarbeits-normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)“ orientieren. Darin werden in erster Linie Mindeststandards zu elementaren und grundrechtlich verankerten Werten (Menschenrechte, Freiheit, Versammlungsfreiheit, Verbot der Zwangsarbeit, etc.) gesetzt, die gerade in Entwicklungs- und Schwellenländer nicht selbstverständlich sind. In Deutschland dagegen bilden sie die Basis unserer Demokratie.
Wenn Unternehmen anfangen, absolute Selbstverständlichkeiten zum Gegenstand von Lobhudelei in eigener Sache zu machen, dann kommen Fragen auf: Wollen Sie damit den Beweis antreten, wonach Globalisierung die Nivellierung emanzipatorischer Leistungen von Zivilgesellschaften nach sich zieht oder möchten Sie einfach Greenwashing betreiben, weil es Ihnen derzeit schwer fällt, sogenannte gute Nachrichten zu verbreiten?
Wir möchten Ihnen einen Vorschlag machen, der Ihrem Unternehmen helfen wird, nicht mit Bekenntnissen von Selbstverständlichkeiten Aufmerksamkeit zu erlangen, sondern mittels Taten. Für die von Ihnen in Ihrer zitierten Pressemitteilung reklamierten „Ansprüche an verantwortungs-volle Unternehmensführung“ lassen sich vor Ort allerlei Anlässe finden, diese nachvollziehbar und überprüfbar unter Beweis zu stellen.
In unserer täglichen Wahrnehmung liegt das Problem der Fraport in der von Ihnen, Herr Dr. Schulte, zu verantwortenden Ausübung Ihres Geschäftsbetriebes. Sie betreiben eine nicht raumverträgliche Landebahn und belasten allein durch deren Betrieb knapp 200.000 Neubetroffene mit Fluglärm. Sie beantragen ein Nachtflugverbot, sind aber nicht in der Lage, deren Einhaltung logistisch einzulösen. Sie beherbergen von Montag zu Montag mindestens Eintausend Demonstranten im Terminal 1, die gegen den Fluglärm demonstrieren und Ihnen fällt dazu nichts ein, außer „Ja zu FRA“ zu sagen. Sie führen bei jeder Gelegenheit die Arbeitsplätze als Entlastungsargument an, doch können Sie niemandem erklären, inwiefern Arbeitsplätze den Heimatverlust aufwiegen.
Wir möchten noch einmal daran erinnern: gemäß dem Global Compact sollen die Mitgliedsunter-nehmen ja auch „im Umgang mit Umweltproblemen dem Vorsorgeprinzip“ folgen. Die Umwelt-kapazität der Region ist längst ausgeschöpft. Sie als Unternehmer müssen sich der Verantwortung stellen. Was machen Sie, um hinsichtlich der Ressource Mensch Vorsorge zu leisten?
Stellen Sie sich Ihrer unternehmerischen Verantwortung und leben Sie das von Ihnen verabschie-dete Wertesystem hier vor Ort: Passen Sie Ihr Geschäft an die Gegebenheiten der Region an. Leben Sie mit den Menschen, denen Sie Mobilität, Arbeitsplätze und Prosperität versprechen, statt gegen sie. Setzen Sie ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 um. Deckeln Sie die Flugbewegungen auf 380.000.
Bekennen Sie sich zum Ende der Kinderarbeit, zum Ende der Zwangsarbeit und zu der Einhaltung der Menschenrechte, aber beenden Sie die das Versteckspiel in der Region und setzen Sie sich mit dem Konflikt vor Ihrer Haustür auseinander!
Dann könnte Ihre nächste Pressemitteilung nicht mit der Phrase titeln: „Fraport baut konzernweit Wertekultur aus“, sondern mit „Fraport versöhnt sich mit der Region“.
Das sind gelebte Unternehmenswerte!
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Kopp
Sprecherin des Bündnisses der Bürgerinitiativen
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