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28. Oktober 2013, Frankfurter Flughafen, Terminal 1

Sechsundsiebzigste Montagsdemonstration im Terminal

Hans Schinke, Offenbach

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

Politik und Wirtschaft beschweren sich regelmäßig darüber, dass Infrastrukturprojekte in Deutschland kaum oder nur noch sehr schwer durchsetzbar seien. Ursache dafür sollen die sog. „Wutbürger“ sein, die sich angeblich in ihrer Ruhe und Bequemlichkeit gestört fühlen. Deshalb spreche ich heute über die sieben Todsünden bei Infrastrukturprojekten.

Die Bürger wurden in eine Flughafenmediation hineingelockt, bei der sie sich nur zwischen „Tod durch den Strick“ oder „Tod durch das Fallbeil“ entscheiden konnten. Sie sind zu Recht zornig, weil eine solche Mediation nicht ergebnisoffen war. Die Menschen und ihre Bürgerinitiativen sind zudem zu Recht empört, weil sie in den zahlreichen Anhörungsverfahren immer wieder feststellen mussten, dass hier Amateure einem hochgerüsteten Heer von Gutachtern, Sachverständigen, Rechtsanwälten und Luftverkehrsexperten gegenüberstanden, denen sie hoffnungslos unterlegen waren. Es ist eine Todsünde, wenn der Staat seine Bürger bei komplexen Infrastrukturprojekten im Regen stehen lässt und später behauptet, das ganze Verfahren sei fair und rechtsstaatlich gewesen. In Zukunft muss der Staat seinen Bürgern kostenfrei einschlägig qualifizierte Anwälte und Sachverständige zur Seite stellen. Erst dann ist bei Infrastrukturprojekten wirkliche Waffengleichheit garantiert.

Wenn wir am Sonntag den Rasenmäher anwerfen, kommt die Polizei. Wenn aber gleichzeitig im Minutentakt Flugzeuge heulend und pfeifend über unsere Dächer donnern, kommt niemand. An der A 661 südlich vom Offenbacher Kreuz stehen Verkehrsschilder mit der Aufschrift „Tempo 100 Lärmschutz 22 – 6 Uhr“. Gleichzeitig werden die Menschen in Neu-Isenburg ab 05:00 Uhr morgens durch die ersten Heuler aus den Betten geholt. Dass in Deutschland Nachbarschaftslärm, Industrielärm, Straßenlärm und Fluglärm jeweils für sich betrachtet werden, versteht kein Mensch. Es ist daher eine Todsünde, wenn Großprojekte gegen den gesunden Menschenverstand verstoßen. Wir brauchen in Deutschland endlich ein einheitliches Lärmschutzgesetz. Es muss Schluss gemacht werden mit den privilegierenden Sonderr egelungen im Luftverkehrs- und Fluglärmschutzgesetz. Sie schützen nur den Lärm und nicht uns Bürger.

Geht ein neues Kraftwerk ans Netzt, wird es von der zuständigen Behörde sofort stillgelegt, wenn es die genehmigten Filterwerte nicht erreicht, die der Betriebsgenehmigung zugrunde lagen. Ein Planfeststellungsbeschluss zum Flughafenausbau jedoch bleibt auch dann rechtsgültig, wenn sich die Prognosen später in der Praxis als falsch herausstellen. Auch das ist bei Großprojekten eine Todsünde, die dringend korrigiert werden muss.

Schreibe ich politisch Verantwortliche wegen des Fluglärms an, antworten sie stets, dass sie großes Verständnis für die Lage der Menschen hätten, räumen ein, dass durch den Ausbau für den Bürger Belastungen entstanden seien und zählen dann auf, welches umfangreiche Maßnahmenpaket für mehr Lärmschutz die Hessische Landesregierung im Februar 2012 auf den Weg gebracht habe. Am Ende versprechen sie, dass es kontinuierlich zu einer Verbesserung der Lärmsituation kommen werde. Es ist eine weitere Todsünde, wenn die Befürworter des Flughafenausbaus die Lasten ungleich verteilen und die andauernde gesundheitliche Schädigung der Bürger billigend in Kauf nehmen, weil sie die ganz einfache Frage nicht beantworten können: „Wann wird es endlich in der Region wieder leiser?“

Stets wird zum Schluss der Antwortschreiben auf den Rhein-Main-Flughafen als Jobmotor, „Herzmuskel der Region“ und Garant für Wohlstand und Prosperität verwiesen. Mit der prognostizierten Schaffung von 100.000 zusätzlichen Jobs, davon 43.000 am Flughafen, bei Dienstleistern und in der Region, sollte uns Bürgern der Ausbau versüßt werden. Das war zwingender Bestandteil des sog. „Lastenausgleichs“. Es ist eine Todsünde bei Großprojekten, wenn derartige Zusagen erkennbar nicht eingehalten und die Bürger ganz offensichtlich getäuscht werden. Es ist zudem Teil dieser Todsünde, wenn Ausbaupolitiker auf Anfrage nicht erklären können, wie sie eigentlich zu den von ihnen selbst in die Welt gesetzten Arbeitsplatzzahlen gekommen sind.

Die Fraport AG konnte in 2012 nur deshalb ein positives Konzernergebnis von 251,6 Mio. Euro vorlegen, weil sie für die Ruinierung unserer Naherholungsgebiete, für die zusätzliche Belastung der Sozialsysteme, für die Nutzung, Abnutzung und Schädigung unserer Gesundheit sowie für die fluglärmbedingten Produktivitätsverluste in der heimischen Wirtschaft keinen Cent bezahlt. Es ist eine Todsünde, wenn die Bürger den begründeten Verdacht haben, bei Großprojekten stünden auf der einen Seite die Profiteure und auf der anderen Seite die Verlierer. Die einen ziehen das Gewinnlos und die anderen die Arschkarte.

Beim Bau der heftig umstrittenen Startbahn 18 West wurde ein weiterer Ausbau des Flughafens im Planfeststellungsbeschluss von 1971 unzweifelhaft ausgeschlossen. Die Menschen haben dieser Zusage und vielen anderen Versicherungen der Politik voll vertraut. Die gegebenen Versprechen wurden gebrochen und das Bannwaldgesetz aufgehoben. Unvergessen ist die Revision der Hessischen Landesregierung vom März 2010 beim BVG in Leipzig mit der Begründung, man wolle gegen die Entscheidung des Hessischen VGH zum Nachflugverbot klagen, um Rechtssicherheit herzustellen. Genauso gut könnte ein Dieb der Polizei erklären, er sei nur deshalb eingebrochen, um die Alarmanlage zu testen. Gegebene Zusagen nicht einhalten, Wähler massiv täuschen, vorsätzlichen Vertrauensbruch begehen, das ist die 7. und bei Infrastrukturprojekten die größtmögliche politische Todsünde.

Ich komme zum Schluss. Politik und Wirtschaft beklagen sich über die sog. „Wutbürger“, die angeblich jedes zukunftsträchtige größere Infrastrukturprojekt aus durchsichtigen egoistischen Motiven blockieren. Die eigentlichen Täter aber sitzen woanders, nämlich an den Schalthebeln der Macht. In Wahrheit sind sie es, die mit ihren Todsünden bei Großprojekte die Bürger auf die Barrikaden treiben und den Ruf der Parteien bei den Wählern nachhaltig beschädigen oder endgültig ruinieren.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!


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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr