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06. Juli 2015, Frankfurter Flughafen, Terminal 1

Einhundertvierundvierzigste Montagsdemonstration

Ulla Bugl-Horatschek und Maria Büttner

BI Mühlheim

M: Guten Abend, liebe Mitdemonstranten, NachbarInnen, Freunde, MitbürgerInnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister der Stadt Mühlheim und Stadtverordnete

Wir kommen aus Mühlheim (am Main) – für die Ortsunkundigen: Hanau und Offenbach sind unsere „Vorstädte“. Das sagen wir zu Recht, denn unser Gemeinwesen ist älter als diese beiden.

U: Mühlheim ist viel älter als der Flughafen, es wird vor 1200 Jahren wird es erstmals urkundlich erwähnt, damals noch Untermühlheim, ein kleiner Besitz des Klosters Seligenstadt. Die Menschen lebten von Ackerbau, Fischerei und dem Betreiben zahlreicher Mühlen. Vor wenigen Tagen haben wir den „Geburtstag“ fröhlich und tagelang gefeiert.

Lange vor der Luftfahrt gab es bei uns schon Wege, Straßen, den Main als Wasserstraße, die Römer waren da, Kaufleute und 1 Kaiser zogen durch den Ort nach Frankfurt und auch Napoleon hat bei uns Halt gemacht, auf seinem langen Weg nach Moskau.

Im Jahr 1912 wohnen 2000 Menschen im Ort. Sie arbeiten in der chemischen Industrie, der Stahlindustrie, Lederwarenindustrie und dem Basaltabbau. Es gibt bereits einen Bahnhof, eine Volksheilanstalt und der Wasserturm, eines unserer Wahrzeichen, wird gebaut, um die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. Das Dorf entwickelt sich allmählich zur Arbeiterstadt.

M: Im gleichen Jahr, 1912 wird der erste Flughafen am Rebstockgelände in Frankfurt gebaut, ausserhalb der Stadtmauern. Obwohl schon 12 Jahre später klar ist, dass an diesem Ort keine Vergrößerung möglich, wird dennoch ein planmäßiger Luftverkehrsdienst eingeführt.

U: 1925 werden durch den Bau des Hochwasserdamms und der damit verbundenen Verlegung des Flüsschens Rodau zahlreiche Mühlen vom Wasser abgeschnitten; die Ära der Müller in Mühlheim ist damit vorbei, aber ein schönes, funktionstüchtiges Exemplar finden Sie heute noch im Ortskern.

M: Am Frankfurter Flughafen gibt es damals 5.500 Passagiere pro Jahr. 1930 beginnt man mit dem Neubau eines Flughafens im Frankfurter Stadtwald, südlich von Schwanheim.

 

U: Die Weltwirtschaftskrise führt auch hier zu hoher Arbeitslosigkeit, 1933 kommen die Nazis an die Macht, und auch in Mühlheim, das mit absoluter Mehrheit rot-rot gewählt hat, setzt die NSDAP den Bürgermeister ab und die Verfolgung jüdischer und anders denkender Menschen beginnt. Per Dekret wird das flussaufwärts liegende Dietesheim eingemeindet, die vergrößerte Gemeinde willkürlich zur Stadt ernannt.

M: Die Nationalsozialisten machen sich auch die Planung des neuen Flughafens zu eigen, ordnen ohne behördliche Genehmigung die Rodung von 600 ha Wald an westlich der im Bau befindlichen Reichsautobahn (heute A5). Mit diesem Grossflughafen soll Frankfurt zur zentralen Heimatbasis für deutsche Luftschiffe werden. Die Luftschiffer erhielten sogar ein eigenes Wohngebiet: das heutige Zeppelinheim. Im Falle des Endsiegs ist ein Ausbau auf 6 Bahnen geplant.

U: Zu Kriegsbeginn ist die Einwohnerzahl Mühlheims auf 10.000 Menschen angewachsen, viele von ihnen haben Terror, Verfolgung und die Schlachtfelder nicht überlebt.

M: 1939 verlassen alle ausländischen Fluggesellschaften Frankfurt, der Flughafen wird der Luftwaffe unterstellt und schon 1940 starten Kampfgeschwader, um ihre tödliche Ladung über Frankreich abzuwerfen.

U: Auch Mühlheim wird ab 1940 immer wieder bombardiert, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und jüdische Mitbürger in Landwirtschaft und Industrie eingesetzt.

M: Am Flughafen verrichten jüdische Zwangsarbeiterinnen im KZ-Aussenlager in Walldorf Schwerstarbeit, sie bauen die erste betonierte Rollbahn. Ab 1944 wird auch der Flughafen bombardiert; im März 45 sprengen Wehrmachtsangehörige Gebäude, Betriebseinrichtungen und das Tanklager.

U: Nach Kriegsende im Mai 1945 setzen die Amerikaner einen ehemals inhaftierten Sozialdemokraten als Bürgermeister ein und ab Oktober erhalten die Mühlheimer Kinder wieder Schulunterricht. Und für Gourmets unter uns: eine Pferdemetzgerei öffnet – und schließt kurz danach wieder ihre Pforten.

M: Der Flughafen ist nun amerikanischer Luftwaffenstützpunkt, deutsche Kriegsgefangene bauen eine Start- und Landebahn – die Vorläufer die heutigen Südbahn und schon 1947 wird mit dem Bau einer Parallelbahn begonnen. Ein Jahr später weht erstmals die Bundesflagge auf dem Flughafengelände und 11 Fluggesellschaften fliegen Frankfurt an. Man zählt 400.000 Passagiere.

U: In den 50iger und 60iger Jahren halten die Wirtschaftswunderjahre auch in Mühlheim Einzug; die letzten Kriegsheimkehrer sind zurück und durch Zuzug von Flüchtlingen und später ausländischen Gastarbeitern wächst die Stadt im Jahr 1963 auf 15.000 Einwohner.

Wenige Jahre später wird das Neubaugebiet Markwald erschlossen, der 1. Kindergarten dort 1970 eingeweiht. Das Gebiet liegt unter der Einflugschneise auf die Centerbahn und stolz zeigt man den Besuchern seinerzeit die vorbeifliegenden Flugzeuge. Andererseits diskutieren die Anwohner bereits damals auf einer Bürgerversammlung lebhaft über den Fluglärm.

M: 1973 beginnt das Planfeststellungsverfahren über die Startbahn West, über 100 Klagen werden dagegen erhoben und die Gerichte sind 10 Jahre mit deren Bearbeitung beschäftigt – ein Aufschub, den wir auch bei der Nordwestlandebahn erreichen konnten.

1980 lehnt der hess. Verwaltungsgerichtshof trotz 220.000 in Wiesbaden eingereichter Unterschriften ein Volksbegehren über die Startbahn West ab. Das Gericht macht den Weg frei für den Bau der Startbahn West und zeigt sich auch damals schon als williger langer Arm der jeweiligen Landesregierung. Der Flughafen dehnt sich gegen erbitterte Proteste der Bevölkerung mit seinem Betriebsgelände erstmals über die Gemeindegrenze Frankfurts hinweg aus – und das mitten im Bannwald.

U: Mühlheim hat mittlerweile 26.000 EW, auch weil im Rahmen der hessischen Gebietsreform Lämmerspiel eingemeindet wurde. Die Stadt baut sich ein neues Rathaus und benennt das Bürgerhaus um in „Willy Brandt-Halle“.

M: 1994 wird Terminal 2 eröffnet und 3 Jahre später fordert der Lufthansa-Vorstand bereits einen erneuten Ausbau.

 

U: 2001 wird der geplante Flughafenausbau lebhaft in der Stadt diskutiert, eigene Lärmmessungen werden von der Stadtverwaltung in Auftrag gegeben und eine Bürgerinitiative markiert den Verlauf der künftigen Nordwestlandebahn mit gelben Luftballons.

M: Gleichzeitig versichert Fraport auf Veranstaltungen in den kommenden Jahren, die Kernstadt Mühlheims habe nichts zu befürchten, niemand werde betroffen sein, die Routen lägen irgendwo anders– Gelogen – wie so oft!! Heute führen alle 3 Anflugrouten über das Stadtgebiet.

U: Auch wir in Mühlheim kennen den unbedingten Wachstumsglauben, die fehlerhaften Prognosen. Die mittlerweile durch das Privatfernsehen in ganz Deutschland bekannte Biogasanlage, die unglaubliche Gewinne erwirtschaften sollte, sie ging niemals in Betrieb und wurde vom Bund der Steuerzahler 2012 als öffentliche Verschwendung gebrandmarkt. Könnte das auch das Schicksal von Terminal 3 werden?

Heute leben 29.000 Menschen in diesem Gemeinwesen mit langer Geschichte, unter einem ständigen Fluglärmteppich; die Mühlheimer Musterklage ist immer noch nicht abschließend vor dem VGH in Kassel behandelt und der PFB damit noch NICHT rechtskräftig; auf dem Dach von 4 Kindergärten werden Lärmmessstationen betrieben und es erscheint ein jährlicher Fluglärmbericht.

Ergebnis: Es wird lauter von Jahr zu Jahr – und gerade morgens um 5 Uhr kracht es am lautesten!

M: 18 Kilometer Luftlinie von uns ist mittlerweile eine andere Stadt entstanden, gebaut auf Lug & Trug, Rechtsbruch, falschen Gutachten und Prognosen – Airport City. Eine Stadt ohne echte Einwohner, ohne demokratische Strukturen, nicht gewachsen, sondern geschaffen vom kapitalistischen Credo des „Immer Mehr“ . Wachstum generiert Airport City allenfalls für multinationale Konzerne. Die Gewinne gehen ausschließlich an den Flughafenbetreiber – den Raubbau an der Umwelt und die Schäden an der Gesundheit, die er anrichtet, muss er nicht verantworten und beheben – nirgends.

U: Und während der Schuldenstand der meisten Städte - auch Mühlheims – bedenklich ist und zu immer neuen Einsparungen oder wahlweise neuen Steuererhöhungen führt, beantragt Fraport Fördermittel von der EU für den Ausbauwahn von T3 – das ist doch irrsinig!!

Das Geld der EU muss doch in Schulen, Kitas, Flüchtlingsheime und die Strassensanierung, also in die Daseinsvorsorge fließen.

M: Die EU hat aber auch Grenzwerte für Luftschadstoffe festgelegt, die in Offenbach, unserer Nachbarstadt, massiv überschritten werden. Das Verwaltungsgericht in Wiesbaden hat daher letzte Woche geurteilt, dass diese Grenzwerte JETZT eingehalten werden müssen und nicht erst in 15 Jahren, denn „die Gesundheit der Bevölkerung habe vorrangigen Wert vor finanziellen Interessen“. Das ist doch eine sehr interessante Aussage! Deutet sich hier etwa ein Sinneswandel an?

 

Liebe MitstreiterInnen, heute appellieren wir nochmals an unsere Volksvertreter: Machen Sie sich nicht zum Büttel der Lobbyisten, beteiligen Sie sich nicht am Tanz um das Goldene Kalb Flughafen und den Klimakiller Flugverkehr, sondern kämpfen mit uns für die Zukunft einer lebenswerten Region und die Gesundheit ihrer Bewohner.

 

Danke für Ihr Aufmerksamkeit! Dank auch die Mühlheimer Chronisten für ihr umfangreiches Werk, das viele neue Erkenntnisse brachte.

Und nun hören wir Rudi Eitel, unseren Barden XXL mit den Mühlheimer Fluglärmsängern.

 

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr