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06. Juni 2016, Frankfurter Flughafen, Terminal 1

Einhundertachtundsiebzigste Montagsdemonstration


Hans Schinke

Werte Mitstreiterinnen und Mitstreiter, zunächst eine kurze Vorbemerkung

Vor zwei Wochen hat die Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände zur Jagd auf die Lärmobergrenze geblasen und in der Person ihres Hauptgeschäftsführers Volker Fasbender davor gewarnt, den Luftverkehrsstandort Deutschland weiter mit Steuern und Abgaben zu belasten. Herrn Fasbender sagen wir: "Auch die Rhein-Main-Region darf nicht weiter mit Krach, Gestank und Feinstaub belastet werden. Genau deshalb wollen wir eine Lärmobergrenze, damit die Lärmbelastung nicht noch weiter ansteigt. Unsere Heimat ist nicht die Lärmdeponie der Luftverkehrswirtschaft, auf der sie ihren Müll zum Nulltarif entsorgen kann!!!

Die Fraport AG – Ein systemrelevanter Scheinriese ?
Ich beginne mit einem Zitat:
"Die Fraport AG ist im Gegensatz zu dem Eindruck, den sie erwecken will, kein Mäzen und kein Wohltäter der Region, der wie eine gute Fee Arbeitsplätze und Verkehrskomfort stiftet. Die Fraport AG ist ein mächtiges Wirtschaftsunternehmen, das sich mit Hilfe seiner monopolistischen Marktposition und seiner speziellen Eigentumsverhältnisse über das Interesse der Allgemeinheit oder zumindest beachtlicher Minderheiten hinwegsetzen möchte und zwar aus egoistischen und individualwirtschaftlichen Gründen."
Und jetzt raten Sie mal, wer das am 12. August 2001 gesagt hat. Nicht etwa ein unbelehrbarer Alt-68er und auch kein kapitalismusfeindlicher Stamokap-Anhänger, sondern der in Offenbach hoch angesehene Unternehmer und Ex-Präsident der IHK-Offenbach, Dr. Wolfgang Kappus. Und was er damals über Fraport gesagt hat, gilt unverändert auch heute noch– immerhin 15 Jahre später.
Die Politik und die Medien, die es ungeprüft nachplappern, werden nicht müde, den Flughafen Frankfurt als "Herzmuskel" der hessischen Wirtschaft darzustellen. Ohne Zweifel ist der Flughafen durch seine Investitionen und die von ihm erzeugten Einkommen ein wirtschaftliches Schwergewicht mit einer großen Strahlkraft in die Region hinein. Zudem gilt Logistik heute im internationalen Wettbewerb als wesentlicher Standortfaktor, um globale Warenströme effizient organisieren zu können. Mit dem Bild vom "Herzmuskel" aber soll den Menschen vorgegaukelt werden, dass ausschließlich der Frankfurter Flughafen die zum Überleben von Wirtschaft und Gesellschaft notwendigen Informationen, Ideen, Güter und Dienstleistungen zu den Produktivzentren und den Menschen in der Region pumpt und es folglich bei seinem Ausfall zwangsläufig zu einem ökonomischen wie sozialen Infarkt kommt.

Die Schlussfolgerung, ein Infarkt des angeblichen Herzmuskels führe zwingend zum Absterben der Region, ist meiner Ansicht nach falsch. Der Flughafen Frankfurt ist nämlich nur einer und nicht einmal der größte von vielen Herzmuskeln, die tagtäglich Leistungen in die Region pumpen und von dort ansaugen. Zu diesen zentralen Pumpstationen gehört zweifellos der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV). "Heute nutzen jeden Tag 2,5 Millionen Menschen den RMV - das sind zwölf Mal mehr als der Frankfurter Flughafen Passagiere zählt…….. In einem Jahr fahren sogar 722 Millionen Kunden mit den Bussen und Bahnen des RMV." Wer hätte das gewußt? Am Frankfurter Hauptbahnhof werden täglich 350.000 Reisende abgefertigt oder über 127 Mio. im Jahr. Zu den großen Pumpstationen gehören ohne Zweifel auch die regionalen Energie- und Wasserversorger. Im Frühjahr 2012 kam es am Flughafen Frankfurt an neun Tagen immer wieder zu Streiks des Vorfeldpersonals und damit zu entsprechenden Flugausfällen. Führte dies etwa zum Infarkt in der Region? Keineswegs. Würden aber die Versorgungsbetriebe an neun Tagen weder Wasser noch Strom noch Gas liefern und würden darüber hinaus RMV und Frankfurter Hbf den Betrieb an neun Tagen dichtmachen, dann würde das ökonomische und soziale System unweigerlich kollabieren, und zwar nicht nur in Rhein-Main. Denn der RMV, der Frankfurter Hauptbahnhof sowie die großen Wasser-, Strom- und Gasversorger, das sind die eigentlichen Herzmuskeln der Region und nicht, wie gebetsmühlenartig von Politik und Medien nachgeplappert, der Frankfurter Flughafen!!!

Auf noch etwas möchte ich Sie aufmerksam machen. Die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft hängt nach der Studie "Hightech-Strategie 2020" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht entscheidend vom Frankfurter Flughafen oder der Logistikbranche ab. Keine der für die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit Deutschlands überlebenswichtigen Schlüsseltechnologien wird am Flughafen Frankfurt entwickelt. Keine einzige. Niemand käme auf die Idee, Entwicklungen in der Bio- und Nanotechnologie, der Mikroelektronik, der Raumfahrttechnologie oder der Informations- und Kommunikationstechnologie mit dem Frankfurter Flughafen in Verbindung zu bringen. Eines ist damit sicher: Der Flughafen jedenfalls sichert nicht die Technologieführerschaft Deutschlands.

Wider eigenes besseres Wissen behauptet die Fraport AG immer noch, der Flughafen sei die größte lokale Arbeitsstätte Deutschlands. Wider eigenes Wissen deshalb, weil Fraport inzwischen selbst zugibt, dass es auf dem Flughafengelände und drum herum 500 verschiedene Arbeitsstätten gibt und nicht etwa nur eine einzige. Der Flughafen ist folglich nicht die größte lokale Arbeitstätte Deutschlands. Aber eines ist er zweifellos: Der Flughafen ist zweifellos die größte lokale Lärmstätte Deutschlands und die Rhein-Main-Region die größte Lärmdeponie der Fraport AG!!! Hier hat die Fraport AG ein exklusives Alleinstellungsmerkmal, allerdings eines, das ihr in Deutschland kein einziges Unternehmen ernsthaft streitig machen will!!! Übrigens musste Fraport-Chef Schulte in der Hauptversammlung am 20. Mai einräumen, dass durch die diversen Schallschutzmaßnahmen der Anstieg des Krachs nur gemildert wird. Absolut jedoch werden der Krach und damit die Lärmbelastung für uns alle durch den Ausbau weiter zunehmen.

Die Fraport AG ist keineswegs, wie man annehmen könnte, das mitarbeiterstärkste Unternehmen in Hessen. Das mitarbeiterstärkste Unternehmen in Hessen war nach dem Helaba-Ranking vom Oktober 2013 die Lufthansa AG, gefolgt von der REWE Group und der Deutschen Bahn AG. Die Fraport AG kam nur auf Platz vier.
Nicht einmal bei den hessischen Job-Motoren nimmt die Fraport AG die Pole-Position ein. Sie versteckt sich nur gerne hinter dem angeblichen Job-Motor Flughafen. Doch wie sieht die Job-Entwicklung bei Fraport selbst aus? "Hessen Champions" ist ein ganz offizieller Wettbewerb der Hessischen Landesregierung. Ausgezeichnet werden jährlich unter anderem Unternehmen, die im Verhältnis zu ihrer Größe neue Arbeitsplätze schaffen. Kein einziges Mal in den letzten Jahren war die Fraport AG auf der Pole-Position. Kein einziges Mal! Nur einmal, im Jahre 2005, belegte sie den zweiten Platz. Der Medizinkonzern Braun Melsungen in Nordhessen, also dort, wo es weit weg vom Flughafen eigentlich gar keine Arbeitsplätze geben dürfte, hat seine Mitarbeiterzahl in Deutschland im Jahre 2015 um 4,5% auf 14.230 gesteigert, der angebliche Jobmotor um gerade mal 1,1%. Die kleinen und mittleren Unternehmen, das sind die eigentlichen Jobmotoren. Sie schaffen mit Abstand die meisten neuen Jobs. Nach einer Studie der EU-Kommission gingen zwischen 2002 und 2010 85 Prozent der netto neu entstandenen Stellen auf das Konto von Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitern. Die Fraport AG gehört nicht dazu.
Übrigens musste Fraport-Chef Schulte in der Hauptversammlung am 20. Mai auf Befragen einräumen, dass er sich bei seiner Prognose vom März 2011 geirrt hatte. Er hatte damals nämlich 95.000 Jobs am Flughafen Ende 2015 prognostiziert. Lediglich 80.000 sind es dann am Ende aber nur geworden.

Die Fraport AG ist mit einem durchaus beeindruckenden Umsatz von 2,6 Mrd. Euro auch keineswegs das umsatzstärkste Unternehmen in Hessen. Der Umsatz von Braun Melsungen betrug im Jahre 2015 das Doppelte des angeblich systemrelevanten Herzmuskels.

Und zu guter Letzt. Viele Menschen glauben, die Fraport AG sei aufgrund ihrer Medienpräsenz in Hessen und ganz gewiss in Frankfurt der größte Gewerbesteuerzahler. Tatsächlich aber überweist laut FAZ allein der, den Meisten unter Ihnen vermutlich unbekannte Arzneimittelhersteller Sanofi der Stadt Frankfurt jährlich rund 400 Millionen Euro Gewerbeertragsteuer. Die Fraport AG hingegen überweist gerade mal ein Drittel davon.

In Michael Endes Buch "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" sagt Herr Tur Tur: "In Wirklichkeit bin ich nämlich gar kein Riese. Ich bin nur ein Scheinriese…..Je weiter ich entfernt bin, desto größer sehe ich aus. Und je näher ich komme, desto mehr erkennt man meine wirkliche Gestalt." Der gleichen optischen Täuschung unterliegt der Betrachter beim Frankfurter Flughafen und der Fraport AG. Zweifellos ist der Flughafen als international aufgestelltes Logistikzentrum wegen seiner Wertschöpfung, durch seine Investitionen und durch die von ihm erzeugten Einkommen ein ökonomisches Schwergewicht mit einer großen Strahlkraft in die Rhein-Main Region hinein. Je näher man ihm aber kommt, desto deutlicher wird, dass der Flughafen auf den Feldern Arbeitsplätze, Umsatz, Steuern und Innovationen nicht in der ersten Liga der deutschen Wirtschaft spielt. Vielmehr ist der Schatten, den der Scheinriese wirft, durch die politische Bedeutung des Airports und die mediale Aufmerksamkeit, die ihm zu Unrecht zuteil wird, größenmäßig grotesk verzerrt.

Bei einem Pressetermin am 16. Mai 2014 hat Fraportchef Schulte die herausgehobene Stellung des Frankfurter Flughafens für die wirtschaftliche Prosperität der gesamten Rhein-Main-Region bekräftigt und sich damals zu der seitdem mehrfach wiederholten Behauptung verstiegen: "Der Flughafen ist damit systemrelevant für den Wirtschaftsstandort Deutschland." Eine Bank z. B. wäre dann systemrelevant, wenn ihr Zusammenbruch und ihr Ausscheiden aus dem Markt zu einer derartigen Kettenreaktion führen würden, dass am Ende das Bankensystem als Ganzes aufhörte zu funktionieren. Ein Zusammenbruch der Fraport AG würde zwar einen riesigen volkswirtschaftlichen Schaden verursachen. Ihr Ausscheiden aus dem Markt würde aber weder zum Zusammenbruch der gesamten Logistikwirtschaft in Deutschland führen noch die komplette deutsche Wirtschaft mit in den Abgrund reißen. Fraportchef Schulte hat vielmehr aus der Bankenkrise gelernt. Er hat gelernt, dass der Staat einspringt, sobald eine Bank als systemrelevant eingestuft wird. Der Staat und damit wir Steuerzahler sollen offensichtlich schon einmal vorsorglich in Geiselhaft genommen werden, falls das Unternehmen durch den hoch riskanten Expansionskurs des Fraport-Vorstands mit dem Bau von Terminal 3 an die Wand gefahren wird!!! Das ist der eigentliche Grund, weshalb Fraportchef Schulte seit geraumer Zeit nicht müde wird, den Frankfurter Flughafen in der Öffentlichkeit als systemrelevant für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu verkaufen!!!
Herr Schulte, ich will Ihnen mal zeigen, was wirklich systemrelevant für Deutschland ist!!! (Holt eine Rolle Toilettenpapier heraus mit der Aufschrift "systemrelevant".)
Zum Schluss möchte ich noch zwei Anregungen geben. Erstens schlage ich einen BBI-Kunst-Preis vor unter dem Motto "Nachtflugverbot von 22 – 6 Uhr – Ein Sommernachtstraum?". Dieser Preis könnte im Rahmen des diesjährigen Rheingau-Musikfestivals vergeben werden. Und zweitens schlage ich einen BBI-Metzgerpreis vor unter dem Motto "Lärm ist mir Wurscht– Darf's noch ein bisschen mehr sein?". Diese Auszeichnung sollte an die kampagnenbekannte Fleischwurst-Ilse von der Kleinen Markthalle in Frankfurt vergeben werden.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr