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04. Juli 2016, Frankfurter Flughafen, Terminal 1


Einhundertzweiundachtzigste Montagsdemonstration

Hans Schinke (Offenbach)

Kassel-Calden – Ein Sommermärchen

Was hat bitteschön Kassel-Calden mit dem Frankfurter Flughafen zu tun?

  1. In beiden Fällen haben CDU und FDP mit der SPD im Schlepptau massiv Einfluss auf den Ausbau genommen.

  2. Die gleiche Intraplan Consult GmbH, die dem Fraportvorstand Material für die Ausbauentscheidung geliefert hat, liegt bei Kassel-Calden mit ihrer Passagierprognose völlig daneben. Prognose 2005: 561.000 Passagiere in 2015. Tatsächlich: 65.000. Abweichung: 496.000. Schlimmer kann man sich eigentlich nicht blamieren.

  3. Die gleichen politischen Strippenzieher, die den Ausbau des Frankfurter Flughafens aufs Gleis geschoben haben, fahren zurzeit Kassel-Calden an die Wand.

  4. In Kassel-Calden wie in Frankfurt wird am Ende der Bürger die Zeche bezahlen für gravierende politische Fehlentscheidungen.


Die Geschichte des Flughafens Kassel-Calden ist so unglaublich, dass man – zumal in der Heimat der Brüder Grimm – eigentlich nur zum Format des Märchens greifen kann, um den politischen Märchenerzählern etwas entgegenzusetzen. Die Zahlen sind alle echt. Nur die Rahmenhandlung ist frei erfunden.

(Es folgt eine Vorstellung der auftretenden Personen sowie eine kurze Erläuterung der verwendeten Zahlen.)

Man schrieb Mittwoch, den 14. August, 18:00 Uhr. Wie immer um diese Zeit hatten sich im Ratskeller zu Kassel der Finanzminister des Königs, der Oberbürgermeister der Stadt Kassel und der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Calden zum Skat eingefunden. Weil an diesem Abend aber so keine rechte Stimmung aufkommen wollte, trat der alte Ober an den Tisch und erkundigte sich, ob etwas mit den Getränken oder gar dem Essen nicht stimme. Da klagten ihm die Herren ihr Leid und berichteten, dass der kleine und bereits in die Jahre gekommene Flughafen Kassel-Calden jedes Jahr ein Loch von 1 Mio. Taler in den Staatssäckel reiße. Entweder müsse man den Flughafen jetzt ganz schließen oder endlich groß denken, Geld in die Hand nehmen und ihn für den Norden des Königreichs als Tor zur Welt ausbauen. Ein Denkmal wollten sie sich mit dem Ausbau natürlich nicht setzen. Aber gewiss könne es auch nicht schaden, wenn sie drei als Väter der Erneuerung des Landes der Nachwelt in guter und vor allem ewiger Erinnerung blieben. Nur wüssten sie halt nicht so recht, wie sie es anstellen sollten.

Da setzte sich der alte Ober zu ihnen an den Tisch. Man erzähle sich im Volk Wundersames von einer weisen Frau hoch droben auf dem Hohen Meißner, die sich ganz vortrefflich auf die Kunst des Wahrsagens verstehe. Noch in derselben Stunde brachen die drei Herren auf und trafen schließlich kurz vor Anbruch der Dunkelheit auf dem Hohen Meißner ein. Nachdem sie der Seherin ihr Anliegen vorgetragen hatten, beugte sich die alte Frau lange über ihre Kristallkugel, stieß tiefe Seufzer aus und schüttelte nachdenklich immer wieder ihr ergrautes Haupt. Dann endlich sprach sie: „Ich habe Gutes zu vermelden. Ich sehe einen Himmel voller Flugzeuge über Kassel-Calden und viele, viele Passagiere, die unaufhörlich zu den Schaltern strömen. Anno 2015 sind es ihrer gewiss 561.000. Allerdings müsst Ihr zuvor 271 Mio. Taler für einen Neubau ausgeben. Daraus entsteht dann binnen kurzem eine blühende Flughafenlandschaft.“ Die drei Herren waren völlig aus dem Häuschen, lobten die Künste der Alten und versprachen beim Abschied, der Neubau werde zum Dank ihren Namen tragen. Doch da genierte sich die Alte. Sie schlug stattdessen vor, der neue Flughafen solle ‚Experimenta Kassel’ heißen. Diese Bezeichnung spiegele gar vortrefflich den politischen Wagemut, die gedankliche Kühnheit und die politische Weitsicht der drei Herren wider.

Bereits am nächsten Morgen eilte der Finanzminister mit wehenden Rockschößen an den Hof des Königs in Wiesbaden und bat um unverzügliche Audienz. Die Schlossuhr schlug gerade die zehnte Stunde, als ihm der König - noch in seinen seidenen Morgenmantel gekleidet- entgegentrat. „Was hat der Groschenfuchser es denn so eilig, dass er seinen König mitten in der Nacht aus den Federn holt? Er weiß doch selbst, dass die Staatskassen leer sind. Hat er etwa eine Goldader auf dem Hohen Meißner aufgetan? Soll er vortragen, wie er den Neubau finanzieren will.“ Der Finanzminister schlug vor, die Steuern zu erhöhen, am besten zu Fastnacht, wenn das Volk betrunken und in Karnevalsstimmung sei. Der König überlegte kurz und schlug dann stattdessen vor, der Minister möge eine Volksanleihe über 271 Mio. Taler auflegen. Die solle mit hohen 5 Prozent verzinst werden. Eine solche Zahl könne sich jeder merken, auch, der nicht rechnen könne. Schließlich habe der Mensch ja nicht umsonst fünf Finger an jeder Hand. Zur Einweihungsfeier flog der König mit seinem gesamten Hofstaat und dem kompletten Ministerkabinett in Kassel-Calden ein. Auch das Volk drängte sich, weil zur Feier des Tages Freibier ausgeschenkt wurde. Vom König allerdings nicht eingeladen war eine Gruppe von Sektierern, Bürger, die sich in wollene Gewänder kleideten, nur Körner und Gemüse aßen und deshalb im Volk „die Worzelfresser“ genannt wurden. Sie hatten den neuen Flughafen öffentlich als „Groschengrab“ verhöhnt. Als sie jedoch Jahre später mit am Kabinettstisch des Königs saßen, nahmen sie dieses Schimpfwort nie mehr wieder in den Mund. Stattdessen forderten sie, das Problem müsse auf ökologischem Wege gelöst werden. Als der König verwundert nachfragte, was denn das nun wieder sei, erwiderte ihr Anführer, der König solle doch endlich Gras über den Flughafen wachsen lassen.

Nach der Einweihungsfeier wurde es still, auch am Flughafen, denn dort ließen sich nur wenige Flugzeuge am Himmel und ebenso wenige Passagiere am Boden sehen. So kam es denn, wie es kommen musste. Als ein Jahr vergangen war, klaffte im Staatssäckel jetzt sogar ein Loch von sechs Mio. Talern und nicht - wie vor dem Neubau - von „nur“ 1 Mio. Talern. Wütend machte sich da der Finanzminister auf zum Hohen Meißner. Doch die Hütte der Wahrsagerin war leer. Nur auf dem Tisch, wo einst die Kristallkugel gestanden hatte, lagen noch verstreut Papiere einer Intraplan Consult mit Prognosen zum Flughafen Kassel-Calden. Die angebliche Seherin hatte den Minister und seine Begleiter an der Nase herum geführt. Auf der Stelle schickte er einen berittenen Boten nach Frankfurt, um die Oberen des dortigen Flughafens zu warnen. Doch der Bote kam unverrichteter Dinge zurück. Man habe ihn nicht vorlassen wollen. Man sitze nämlich gerade mit einer Expertin vom Hohen Meißner zusammen, die dem Frankfurter Flughafen eine glänzende Zukunft voraussage.

Jetzt blieb dem Finanzminister nichts anderes übrig. Er musste seinem König die finanzielle Katastrophe beichten. Doch der König blieb erstaunlich ruhig und befahl ihm, das Volk gleich morgen in Wiesbaden zusammen zu rufen. Er selbst werde die ganze Sache in der Nacht noch einmal gründlich durchrechnen. Der Minister wunderte sich sehr, schwieg aber, wusste er doch, dass sein König wahrlich nicht gut rechnen konnte. An nächsten Tag trat der König vor seine Untertanen und verkündete die frohe Botschaft: „Geliebtes Volk, es stimmt, dass in der Kasse des Flughafens Kassel-Calden 6 Mio. Taler fehlen. Das schmerzt uns. Man darf aber nicht vergessen, dass sich auf der anderen Seite die flughafenbezogenen Steuereinnahmen durch den Neubau auf 30 Mio. Taler erhöht haben. Das konntet Ihr nicht wissen. Wichtig ist doch am Ende nur, was hinten herauskommt!!“. Da jubelte das Volk seinem ach so klugen König zu, weil es glaubte, unterm Strich seien 24 Mio. Taler als Überschuss übrig geblieben. Zu guter Letzt rief der König noch laut in die Menge: „Die Zinsen, geliebtes Volk, die sind sicher.“ Er hatte nicht gesagt „Die 5 Prozent Zinsen sind sicher.“ Aber das fiel bei all dem Jubel keinem mehr auf.

Kaum aber hatte der König seine Rede beendet, rief ein Bub, der sich unbemerkt dem Thron genähert hatte, mit knabenheller Stimme in die Menge hinein: „Der König kann nicht rechnen. Bereits vor dem Neubau gab es doch auch schon flughafenbezogene Steuereinnahmen von 25,7 Mio. Talern. Jetzt sind es bei 30 Mio. Talern gerade mal 4,3 Mio. Taler mehr. Dafür ist das Loch im Flughafensäckel von 1 Mio. Taler im Jahr auf 6 Mio. Taler angewachsen. Der Neubau des Flughafens allein hat ja schon 271 Mio. Taler gekostet. Und dennoch ist das Loch in der Kasse jetzt sogar noch um 5 Mio. Taler angewachsen. Wo soll denn da die Logik sein? Oh, wie ist der König so dumm.“

Der König, hochrot im Gesicht, kochte vor Wut. Schlimmer war er vor seinem Volk im ganzen Leben noch nicht blamiert worden. „Wer ist denn dieser Bengel, der einem König zu widersprechen wagt?“, fuhr er seine Berater an. „Eure Majestät, er ist ein Migrant, der mit seiner Familie aus dem Braunschweigischen eingewandert ist. Dort soll ein gewisser Carl-Friedrich Gauss sein Unwesen treiben und noch unschuldige Kinder bereits in der Kunst der Mathematik unterweisen.“ „In den Karzer soll er geworfen werden, auf der Stelle.“ „Das geht nicht, Eure Majestät. Der Knabe ist ja noch nicht strafmündig.“ „Dann soll er eben fünfzig Stockhiebe erhalten.“ „Das verbietet das Gesetz. Eure Majestät haben in der letzten Woche ein Dekret unterschrieben, das die Prügelstrafe für Kinder abschafft.“ „Dann ab nach Kassel mit der ganzen Familie und auf der Stelle Ausweisung von dort zurück nach Braunschweig. Wo kommen wir denn hin, wenn schon die Kinder rechnen lernen? Am Ende lernen sie gar noch das Lesen und das Schreiben.“ Erschöpft von seinen anstrengenden Regierungsgeschäften sank der König in seinen Thron und konnte gerade noch mit einem tiefen Seufzer ausrufen: „Einen Bembel für ein Königreich!!!“

So verging die Zeit im Lande. Der Finanzminister aber zählte und zählte, und als er mit dem Zählen zu Ende war, da war das Loch im Säckel des Flughafens Kassel-Calden in nur drei Jahren bereits auf über 20 Mio. Taler angeschwollen. Guter Rat war jetzt teuer. Unruhe machte sich im Volke breit, weil es um seine Einlagen und vor allem um die 5 Prozent Zinsen bangte. Und wieder rief der König seine Untertanen in Wiesbaden zusammen. „Mein geliebtes Volk, ich habe gute Nachrichten. Innerhalb von nur drei Jahren ist es uns erfolgreich gelungen, ein Defizit von nunmehr 20 Mio. Talern zu erwirtschaften. Dies war nur durch harte und unermüdliche Arbeit möglich. Ihr müsst diese 20 Mio. Taler einfach nur zu den Baukosten hinzurechnen. Dann ist Euer Flughafen heute nicht nur 271 Mio., sondern bereits 291 Mio. Taler wert. Euer Vermögen hat sich somit in den letzten drei Jahren beträchtlich vermehrt. Macht Euch also bitte keine Sorgen. Im Übrigen: Eure Zinsen, mein geliebtes Volk, die sind natürlich auch weiterhin sicher.“ Wieder jubelte das Volk über seinen ach so klugen König. Und wieder merkte es nicht, dass der König die zugesagten 5 Prozent mit keinem Wort erwähnt hatte.

Mit den Jahren kam es dann doch, wenn auch ganz ungeplant, zu der ökologischen Lösung, die die Worzelfresser dereinst gefordert hatten. Da der Flughafen nicht benutzt wurde, wuchs alsbald überall Gras, auf dem die Bauern aus der Umgebung ihre Ziegen und Schafe weideten. Der Schäfer hingegen blieb verschwunden und ward nie mehr gesehen. Dornen rankten sich am Flughafengebäude und bedeckten es am Ende gänzlich. So geschah es, dass eines Tages ein Wanderer vorbeikam und sich mit seinem Stock einen Weg durch die Dornenhecke bahnte. Da lag der Flughafen vor ihm wie in einen Dornröschenschlaf verfallen. Als der Unbekannte das Flughafengebäude erreicht hatte, bemerkte er eine große Schiefertafel, die dort angebracht war und auf der in großen Bronzelettern unter anderem zu lesen stand:

Wanderer, kommst Du dereinst an diesen einsamen Ort, so bedenke, Kassel-Calden ist weder ein waghalsiges Experiment mit ungewissem Ausgang für das Königreich und den Steuerzahler noch ein Denkmal für den König und seinen Hofstaat. Kassel-Calden ist vielmehr ein grundsolides und hervorragend administriertes Projekt, das wir am Ende auch dauerhaft wirtschaftlich betreiben werden.“

Nachdem er seinen Kopf mehrfach heftig geschüttelt und damit seine Empörung über das Gelesene sichtbar zum Ausdruck gebracht hatte, seufzte der Unbekannte laut und sprach dann zu sich selbst: „Im Braunschweigischen werden bereits die Volksschulkinder in der Kunst der Logik und der Mathematik unterrichtet. Ach wenn doch hier in diesem Lande wenigstens der König und sein Hofstaat des Rechnens mächtig wären.“

So sprach Professor Gauss an diesem Tag und ging dann seines Weges.

Damit ist nun auch das Märchen vom Flughafen Kassel-Calden zu Ende. Nicht überliefert ist, ob die fünf Prozent Zinsen irgendwann gezahlt wurden und ob das Volk seine Anleihe je zurück bekam. Denn nach hundert Jahren war am Ende der Laufzeit keiner von ihnen mehr am Leben. Aber wenn der König, sein Finanzminister, der Oberbürgermeister von Kassel und der Bürgermeister der Gemeinde Calden nicht gestorben sind, so leben sie wohl noch heute glücklich und zufrieden.

Nach dem Koalitionsvertrag soll Kassel-Calden 2017 auf den Prüfstand. Ministerpräsident Bouffier, schließen Sie endlich dieses „Groschengrab“, um nach Ihrem Amtseid weiteren Schaden vom deutschen Volke abzuwenden!!!!

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!!


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