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05. Dezember 2016, Frankfurt, Terminal 1

Einhundertvierundneunzigste Montagsdemonstration

Uschi Fechter (Frankfurt Sachsenhausen)


Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
ich bin gebeten worden, heute etwas zur ICANA Konferenz zu sagen.
Dem komme ich gerne nach, aber zunächst muss ich allerdings noch etwas in eigener Sache sagen:

Letzte Woche wurde an dieser Stelle der Oberbürgermeister von Frankfurt und die Stabsstelle für Fluglärmschutz scharf kritisiert. Ihr wisst genau, dass ich für diese Stabsstelle stehe und das ausdrücklich parteiunabhängig als Vertreterin der Bürgerinitiativen. Zum einen muss ich sagen, dass Peter Feldmann neben dem Mainzer OB Ebling einer der wenigen Kommunalpolitiker ist, die noch auf unserer Seite stehen. Erst letzte Woche hat er sich eindeutig in einer Presseerklärung hinter uns gestellt und das Incentive Programm von Fraport abgelehnt. In den meisten Kommunen weht da ein völlig anderer Wind. Im Übrigen auch in Mörfelden-Walldorf. Es wäre gut gewesen, wenn man sich vorher schlau gemacht und erst mal den Frankfurter Koalitionsvertrag gelesen hätte. Da steht wörtlich drin, dass für die Stadt und die Region aus dem Flugaufkommen erhebliche Lärmbelästigungen resultieren. Und weiter heißt es wörtlich " Zu diesem Zweck werden wir gemeinsam mit der Region dafür sorgen, dass es am Frankfurter Flughafen  im Vergleich zum derzeitigen Stand leiser wird und uns für die Reduzierung der Flugbewegungen in den Nachtrandstunden zwischen 22 und 23 sowie zwischen 5 und 6 Uhr einsetzen.  Dies ist- neben einer ganzen Reihe von anderer Aufgaben- die vorrangige Aufgabe der Stabsstelle. Wir wollen, dass sich der Flughafen auf seiner originären Aufgabe, der Beförderung der Leute, möglichst aus der Region, konzentriert. Und das, wenn es – vor allem in der Nacht zu laut wird- auch mit Reduzierungen der Flugbewegungen, so der Koalitionsvertrag. Dies kann der erste Schritt zu einem Nachtflugverbot in der gesetzlichen Nacht sein. Das ist unsere Aufgabe, die ist schwer genug und dazu brauchen wir Eure Unterstützung.

Jetzt aber zur ICANA
ICANA ist die Internationale Konferenz zum aktiven Schallschutz (ICANA), die vor einer Woche hier am Frankfurter Flughafen stattfand. Es referierten zahlreiche Wissenschaftler, Mitarbeiter der ESA, DFS, DLR, Lufthansa, und Fraport, Piloten der CONDOR und Delta Air Lines, aber auch Planungsmanager internationaler Flughäfen wie London-Heathrow, Seattle, San Francisco und aus Australien. Das Highlight kam am Ende der zweitägigen Konferenz: Die Podiumsdiskussion, an der unser Verkehrsminister Al-Wazir, Klaus Fröse von der Lufthansa, Bürgermeister Thomas Jühe, Bruno Silva von ICAO, Matthias von Randow vom Bundesverband der Luftverkehrswirtschaft (BDL) und Prof. Wörner von der FFR und ESA teilnahmen. Dazu später mehr.

Thematisch handelten die Vorträge vom Erfahrungsschatz der Referenten und von künftigen Möglichkeiten der Lärmminderung. Nach den zwei Konferenztagen hatten wir jedoch stark das Gefühl, dass gegen die Lärmsituation in der Rhein-Main-Region effektiv zu wenig getan wird. Uns wurden Prognosen mitgeteilt, die ich nicht akzeptiere. Uns wurden eine ganze Reihe von Maßnahmen, entweder schon in der Erprobung oder für die Zukunft vorgestellt. Ein Beispiel: Innerhalb der nächsten 20 bis 30 Jahre soll der Fluglärm nur um EIN DEZIBEL fallen. Ein Dezibel! Ich habe das Gefühl, uns wurde und wird viel verschwiegen, so auch die Erkenntnis, dass durch die verglasten Hochhäuser der Frankfurter Skyline und des neuen Henniger Turms der Fluglärm auf bis zu 8 Dezibel lauter wurde (Schall trifft auf Glas). Wie kann so etwas passieren?

Ein kurzes persönliches Fazit vorweg: Es gibt einige technische Möglichkeiten, den Lärm am Flugzeug selbst etwas zu reduzieren. Die neuen Anflugverfahren greifen realistisch erst in 10 eher 20 Jahren. Alleine für den Einbau von einem kleinen Teil zur Lärmreduzierung direkt an den Turbinen, dem Wirbelstromgenerator, der nur wenige Euro kostet, hat man 10 Jahre gebraucht. das sagt doch alles. Die Absicht, die eingesetzten Flugzeuge für neue Anflugverfahren umzurüsten hält sich in Grenzen. Neue Anflugverfahren können nur in verkehrsschwachen Zeiten durchgeführt werden, am besten in der Nacht, da ist am wenigsten Verkehr. Bei dem verkorksten Bahnensystem von Fraport habe ich da wenig Hoffnung. Die Verfahren selbst bringen meist nicht mehr als 1 dBA Lärmreduzierung. Das wird kaum wahrgenommen werden. Das einzige, was für bestimmten dichtbesiedelte Gebiete vermutlich etwas bringen könnte, ist der sog. Curved appraoch, der bei verschiedenen Anflugsystemen ausprobiert wird, bei dem das Flugzeug erst zwischen 5 und 8 km vor der Landung eindreht. Diejenigen, die dann unter dem Eindrehpunkt liegen, haben dann Pech gehabt, denn da wird es besonders laut werden.
Auf einige Beiträge von den einzelnen Vortragenden will ich kurz eingehen4:
Andre Biestmann (FFR und DFS) und Bürgermeister Manfred Ockel ( Bürgermeister von Kelsterbach) gaben zunächst einen Überblick über 5 Jahre 1. Maßnahmenpaket Aktiver Schallschutz im FFR. Sie betonten mehrmals die Wichtigkeit von Sicherheit und Kapazität in ihren Reden. Besonders stark Betroffene sollten anhand eines Bündels an künftiger Maßnahmen entlastet werden. Biestmann war es, der von der 1 dB "hohen" Verbesserung sprach. Ihr Maßnahmenpacket soll durch die Forschungsergebnisse von "SESAR", einem Satellitenanflugprozess upgedatet werden. Für ein 2. Maßnahmenpaket soll es eine Fortschreibung 2017 geben.

David Bowen, der ATM-Chef ( Air Traffic Management), erklärte uns das SESAR-Programm, ein Forschungsprogramm. Das neue Flugsystem für Europa ist vielversprechend: So soll es 250 bis 500 Kilogramm weniger Kerosin verbrauchen, was die Kosten pro Flug um 40 % senken würde. Das hat auch zum Ergebnis, dass rund 10 % weniger CO2 ausgestoßen werden würde. – Endlich mal ein Ausblick und positiver Effekt im Hinblick auf den Lärm und Luftqualität. SESAR soll angeblich im Jahr 2020 an fünf europäischen Großflughäfen eingeführt werden: Amsterdam, Arlanda-Stockholm, London-Heathrow, Frankfurt und Milan-Malpensa.

Bruno Silva von ICAO , der Internationalen zivilen Luftverkehrsorganisation, einer Sonderorganisation der UN, ließ uns jedoch im Anschluss sprachlos werden: Er eröffnete uns, dass in den nächsten Jahren ein neuer Überschalljet, eine Art Mini-Concorde, auf den Markt eingeführt werde. "Super sonic aircraft" nennt man das und sei angeblich eine Technologie, um die Lärmreduzierung an Flugzeugen zu erforschen. Ich halte das für zynisch. Immerhin, soll der Überschallknall, der vermutlich den letzten, der noch nicht durch den Fluglärm aufgeschreckt ist, überfallen würde, über bewohntem Gebiet vermieden werden. Na vielen Dank !

Ullrich Isermann von der DLR, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, erklärte danach wie ein Triebwerk funktioniert. Er fokussierte sich auf den Strömungslärm und zeigte, wie der Wirbelstromgenerator "Vortex Generator" funktioniert. Das ist der kleine Gegenstand, der seit kurzer Zeit vor Löchern am Flugzeug montiert wurde, sodass eine starke Lärmminderung stattfindet. Lars Enghardt, auch von der DLR, hält es zudem für die Zukunft wichtig, dass gezackte Hinterkanten am Triebwerk installiert werden. Zusammen mit der Einführung von Pressluft, könnten Flugzeuge bis zu 10 dB leiser werden.

Karlheinz Haag von der Lufthansa verkündete, dass die neueren Flotten der Lufthansa, wie der A 320 neo bis zu 50 % weniger Lärm und Treibstoffverbrauch zur Folge hat.
Frank Lumnitzer, ein CONDOR-Pilot, erklärte, dass die CONDOR mit 11.000 Flugbewegungen pro Jahr hauptsächlich in den Nachtrandstunden abhebt, da sie so die Kurz- und Mittelstreckenflüge für die Passagiere optimieren. Das haben wir ja gesehen bei der Auswertung der Landungen nach 23 Uhr, hier ist Condor mit Air Berlin führend. Am SESAR-Programm hält auch er fest, kritisiert jedoch Europa, dass es das 45 Million Euro teure Projekt nicht gefördert habe. So bliebe vieles an den Firmen selbst hängen. Dennoch habe CONDOR alles getan, um möglichst fortschrittlich seine Flugzeuge auszustatten. So hat CONDOR seine komplette Flotte mit dem Vortex Generator schon im Jahr 2014 ausgestattet. Er beschwerte sich aber über die angeblich strikte Einhaltung des Nachtflugverbots.

Noah Flood, ein Delta-Pilot aus den USA, ist ein Anhänger der GBAS, dem gekrümmten Anflugverfahren basierend auf einem satellitengestützten Navigationsverfahren. Ernd testet bereits in San Francisco unterschiedliche Umflugrouten zum Wohle des Fluglärmschutzes. Er versucht den Abstieg zu verlangsamen (= weniger Lärm) als auch die Anflugrunde langsamer zu drehen. Für ihn ist das die Zukunft, die jeder Pilot mit konkreten Hinweisen und Systemen anfliegen kann.

Dagegen hält Frank Nagel von der Lufthansa das GBAS System zwar für gut, aber erst in 20 Jahren anwendbar. Für ihn ist die AAL (Augmented Approaches to Land) der Schlüssel zum Erfolg. Auch dies ist ein System, wie gekurvte Anflüge zur Reduktion von Kerosin und Lärm beitragen kann, kombiniert mit einem konstanten Sinkflug . Bisher haben Nagel in Kooperation mit der DFS, DLR und Fraport rund 160 Flüge an 3 Flughäfen mit 248 Crew-Feedbacks ausgewertet. Sein Fazit: Die Flughöhe wurde optimiert, der Sprit nicht erhöht, das Verfahren sei im Regelbetrieb möglich und die Lärmmessdaten seien schon jetzt sehr vielversprechend, sagte uns Nagel.

Daphne Goldmann, eine Physikerin von Fraport, hatte teils andere Ergebnisse. Ihre Aufgabe war es, die Geräuschmessungen im SESAR-Projekt AAL auszuwerten. Ihr Ratschlag lautete, man solle das Eindrehen über besiedelte Gebiete aufgrund des Lärmpegels vermeiden. Herr Faulenbachs Kommentar dazu war: "Diese Maßnahmen sind gut, aber nicht hilfreich."
Für uns interessant war noch der Vortrag von Prof. Kalus-Uwe Hahn, auch vom DLR, der über das LNAS , einem Pilotenassistenzsytem für lärmmindernde Anflüge, das in Frankfurt erprobt wurde. Das klingt zunächst sehr gut, es gab eine Reihe von Testflügen dazu. Die Piloten beurteilen es positiv, aber die Einführung ist offen, zu einer Reduzierung des Schallpegels würde es nur im Bereich von 1 dBA kommen.

In der abrundenden Podiumsdiskussion zeigten sich noch einmal ganz klar die wirtschaftlichen Interessen, der Luftverkehrsindustrie. Sie brauchen steuerliche Entlastung und keine Kapazitätseinschränkungen, damit sie dann aus ihren Gewinnen lärmärmere Flugzeuge kaufen können. Herr Jühe fand das Nachtflugverbot geil, statt darauf hin zuweisen, dass es keines ist, sondern nur eine Beschränkung und wir seit Anfang des Jahres schon fast 900 Flüge nach 23 Uhr haben. TAW griff die LH an, die die neuesten lärmärmeren Flugzeuge in München stationieren wollen und nicht in FFM. Darauf gab es den unverhohlenen Hinweis, dass man ja der Verlierer von incentive programm wäre.

Insgesamt muss ich sagen: Es gibt viel Aktivität, es wird mit den unterschiedlichsten Programmen viel ausprobiert, auch um die kritische Bevölkerung, also auch uns, zu beruhigen. Die Ergebnisse sind im Hinblick auf die Lärmminderung enttäuschend und letztendlich ist die einzige sichere Methode dazu die Reduzierung der Flugbewegungen. Und dies müssen wir weiter fordern.

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr