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12. Juni 2017, Frankfurter Flughafen, Terminal 1

Zweihundertvierzehnte Montagsdemonstration

"Wir sind nicht allein"

Knut Dörfel, AK Fluglärm und Umwelt



Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

auf der letzten Montagsdemo hat Bettina Appelt hier vorne gestanden und spontan vom Kirchentag und unserer Beteiligung dort berichtet und dabei den wichtigen Satz gesagt: "Wir sind nicht allein!" Sie hat auf dem Kirchentag die gute und ermutigende Erfahrung gemacht, dass es so viele Initiativen und Aktivitäten gibt, die mit unserem Protest in die gleiche Richtung gehen:

gegen Verkehrslärm, Schadstoffe, Immissionen, gegen Klima- und Umweltzerstörung und menschenfeindliche Großprojekte mit dem alleinigen Ziel: mehr Profit - mehr Profit ohne Rücksicht auf die zerstörerischen Folgen für Anwohner und Umwelt.

"Wir sind nicht allein mit unserem Kampf." Daran will ich heute anknüpfen und über den jahrzehntelangen Kampf gegen ein solches Projekt in Frankreich berichten, gegen den Bau eines Großflughafens in der Nähe von Notre Dame des Landes nördlich von Nantes. Diese Region heißt heute ZAD, "Zone a Defendre" - "Verteidigungszone. So wird sie von ihren Bewohnern genannt.

Was das alles mit uns zu tun hat, wird hoffentlich später deutlich.

Auf jeden Fall gibt es für dieses Thema einen ganz aktuellen Anlass: Am Abend unserer letzten Montagsdemo hatten sich für Frankfurt Besucher aus der ZAD angekündigt, leider hat es nicht geklappt, sie hier auf unserer Demo zu empfangen, die Anreise hat sich verzögert:
Aber einige von uns haben sie am gleichen Abend noch in Bockenheim getroffen, mit ihnen geredet, sie kennengelernt und ihre Info-Veranstaltung besucht. Es war wirklich spannend und anregend.

Die Delegation aus Frankreich hat uns auch gebeten, heute hier solidarische Grüße zu überbringen, denn - bei allen Unterschieden zwischen unserem Protest und ihrem Kampf, über die auch heute Abend zu reden sein wird - es gibt eine große Gemeinsamkeit, die alles überlagert: Hier wie in der ZAD kämpfen wir unter dem Motto: Menschen vor Profite!

Nicht "Kein FlughafenAUSbau!", sondern schlicht "Non al l' aeroport!" (Nein zum Flughafen, kein Flughafenbau!) heißt dort die Devise seit mehr als 40 Jahren.

Damals hat nämlich die Regierung ein bisher ausschließlich landwirtschaftlich genutztes und geprägtes Gebiet von zunächst 1200 Hektar, und schließlich mehr als 1600 Hektar zu neuem Bauland erklärte. Eine Fläche von etwa 16 Quadratkilometern, also etwa 4-5 km lang und entsprechend breit in der Ausdehnung.

Mich erinnert vieles an den Kampf gegen den Flughafenausbau bei uns, der mit dem Bau der Startbahn West begann, mit dem großen Unterschied, dass dort nicht Wald und Bannwald zerstört werden sollte, sondern eine von Bauern besiedelte Region aus Ackerland, Feuchtgebieten, durchsetzt von Weilern und Bauernhöfen.

Das Projekt ist in den Händen des multinationalen Konzerns VINCI, der uns auch mit anderen "Services" versorgt wie z.B. Gefängnissen, Autobahnen und Kernkraftwerken*. * VINCI und Tochterfirmen sind auch in Deutschland aktiv, u.a. in der Nukleartechnik und im Straßenbau (Bsp. Axians NK Networks & Services, EUROVIA Gestein GmbH und Nickel GmbH).

Die betroffenen Bauern erlebten das Projekt als Angriff auf ihre Existenz und ihre Lebensweise, viele wollten sich nicht vertreiben lassen und so entwickelte sich schnell Widerstand:
Die Betroffenen schlossen sich zusammen und kämpften dafür, dass die neue Bauland-Zone nicht verkauft und verlassen wird, sondern weiter bewirtschaftet und erhalten wird.
So wurde aus dem Bau-Planungsland, französisch ZAD (Zone d' amenagement differee) für die betroffenen Menschen eine andere ZAD - nur die Buchstaben bieben gleich, denn jetzt bedeutete ZAD für die Menschen "Zone a Defendre".

Aus wirtschaftlichen Gründen wurden in den folgenden Jahren dann aber erst einmal alle Pläne auf Eis gelegt.

im Jahr 2000 wurde das Projekt wiederaufgenommen - und sofort entstand eine Vereinigung, die durchaus mit unserem Bündnis der Bürgerinitiativen vergleichbar ist.

Die Phase derEinsprüche und des Widerstandes vor den Gerichten begann, und die Phase des Zusammenschließens mit Bündnispartnern und der Aufklärung und der Mobilisierung neuer Bündnispartner in der Region, im ganzen Land und international.

Unsere Erfahrung "Wer die Macht hat, hat das Recht." hat sich auch dort bewahrheitet: Im Februar 2009 setzen sich die Betreiber des Projekts durch, das Großprojekt wurde rechtskräftig und sogar als "gemeinnützig" erklärt.
Das kennen wir nur allzu gut.

Wenn Recht zu Unrecht wird - entsteht Widerstand: Nun begann sich zunehmend eine Bewegung zu entwickeln, die nicht aufgeben wollte, und ähnlich, wie im Wald der Startbahn West ein Widerstandsdorf entstand, folgten Unterstützer dem Aufruf, die ZAD nicht preiszugeben sondern zu besetzen.

2009 fand auf dem Gebiet ein Klimacamp statt, und seitdem haben die leeren Häuser und Höfe, derjenigen, die aufgegeben haben und weggezogen sind, neue Bewohner gefunden, auf den Feldern, in den Siedlungen und in den Wäldern trafen nach und nach immer neue Menschen ein, die mithelfen wollten, die ZAD gegen die Zerstörung durch das Flughafenprojekt zu verteidigen und um zu bleiben.
Radikale Umweltschützer und Menschen, die nach einer Alternative zum Leben in unserem auf Profit ausgerichteten Wirtschaftssystem suchen, bringen neues Leben und neue Konzepte in die Region.

Aus dem "Nein zum Flughafen!" wird spätestens jetzt ein "Nein zum Flughafen und seiner Welt!" - ein Nein zur angeblichen Logik grenzenlosen wirtschaftlichen Wachstum und der daraus resultierenden Umwelt- und Klimazerstörung, die angeblich dafür in Kauf genommen werden muss...

Die Menschen in der ZAD formulieren es so: "Die Gründe zu bleiben sind so verschieden wie die Personen, aber die Besetzer_innen sind sich einig darüber, dass der Kampf gegen das herrschende Wirtschaftssystem nicht nur etwas Theoretisches sein kann sondern täglich in der Praxis gelebt werden sollte."

Und von diesem gemeinsamen Leben zusammen mit den Bauern, die sich nicht vertreiben lassen wollen, haben unsere Freunde in ihrer Info-Veranstaltung uns und anderen Interessierten berichtet, von Komitees, von Konflikten und von gemeinsamer Arbeit an neuen landwirtschaftlichen Projekten und Betrieben wie z. B von der Inbetriebnahme einer Mühle, einer Brauerei, eines Reparaturbetriebes, von genossenschaftlicher Kooperation und solidarischem Zusammenleben, von der Ungewissheit, ob und wir sie durchhalten können und von dem, was immer wieder trotz aller Gegensätze bis heute Kraft und Solidarität gegeben und den gemeinsamen Erfolg gesichert hat: Der gemeinsame Wille, in der ZAD zu bleiben und gemeinsam zu leben - gegen alle Angriffe von außen - vom Flughafen und seiner Welt.

Es wäre noch vieles zu erzählen, vor allem von der Niederlage Cäsars - dem Großangriff und Räumungsversuchen vom Oktober 2012, als mehr als 2000 Polizisten in der sogenannten "Operation Cesar" mehr als ein Duzend Hütten und Häuser zerstörten und eine Räumung durchsetzen wollten, und mit Traktor-Blockaden, Gräben und Barrikaden daran gehindert wurden, von der Wiederbesetzung und dem Wiederaufbau mit der Hilfe von 40.000 Unterstützerinnen aus der Region und dem ganzen Land.

Nach Monaten schwerer Auseinandersetzungen wird der politische Preis zwischenzeitlich für die Regierung zu hoch und die Polizei wird zurückgezogen.

Zu berichten wäre von der Riesendemo von mehr als 50.000 Menschen mit 500 Traktoren vom April 2014 als Antwort auf die neuerliche Ankündigung der Räumung und des Beginns der Bauarbeiten. Es gab heftige Auseinandersetzungen, weil die Demo durch Polizei blockiert werden sollte und daraufhin ein Teil der Demonstaranten die Polizeiblockade durchbrochen hat. Zu berichten wäre von der Diffamierung des Widerstands in großen Teilen der Medien und den Konflikten, die das für die Menschen und Gruppen im ZAD bedeutet. Die Frage nach der Zukunft des ZAD ist bis heute ungeklärt - "Wir wissen, es wird hart durchzuhalten", sagten die Mitstreiter aius Frankreich zu uns, ... "aber es wird vor allem hart für die, die uns vertreiben wollen."

Die Wahl Macrons und die aktuellen Wahlen bringen sicherlich keine Entlastung: "Macron ist nicht unser Freund, er ist gegen uns, er gehört zur Welt des Flughafens" sagten unsere Freunde. Sie hoffen auf die Kraft der Solidarität die ihnen bisher geholfen hat, sie hoffen, den politischen Preis für eine gewaltsame Durchsetzung der Profitinteressen so hoch setzen zu können, dass der Schaden für das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Regierung höher ist als der Nutzen.

Jede Form der Solidarität hilft ihnen dabei, so wie es uns hilft, zu wissen, dass wir nicht alleine sind.

Und die Menschen in der ZAD sind entschlossen, weiter für ihren Traum vom friedlichen und solidarischen Zusammenleben in ihrer Region einzutreten, mit allen Konseuenzen.
Darum steht auf ihren Plakaten "Wir sind da - und wir werden da sein!"

Ich unterbreche hier aus Zeitgründen - weitere Informationen und auch Informationen dazu, wie wir mit den Menschen solidarisch sein können, die in Frankreich für ihre Region und "gegen den Flughafen und seine Welt" kämpfen, wird es ab jetzt hier immer wieder geben.

In Frankreich gibt es mehr als 200 Solidaritätskomitees für die Verteidigung des ZAD, und wir regen an, auch hier ein solches Komitee aufzubauen.Wo, wenn nicht hier? Wir werden dazu einen Vorschlag machen und freuen uns über alle, die mitmachen.

Zum Abschluss noch eine Anmerkung über unsere Verbindung zum ZAD, nach München, Berlin oder nach London und zu anderen Orten, wo Menschen gegen den Bau und den Ausbau von Flughäfen und anderen schädlichen Großprojekten kämpfen.

Es war vor drei oder vier Jahren auf dem Festplatz des Widerstandsfestivals im ZAD, als unser Freund John Stewart aus London zusammen mit Mitstreitern von uns hier, darunter mein Freund Alfred Mannel, der heute hier ist, den Unterstützern des ZAD unsere Parole erklärt hat und angeregt hat, neben ihrem "Non a l' Aeroport" auch unsere Parole zu rufen - und 4000 sind dieser Aufforderung gefolgt. So haben 4000 in der Zone a Defendre in Notre Dame des Landes in Frankreich gerufen:

Die Bahn muss weg! Die Bahn muss weg!...

Ich danke Euch, dass ich diesen Bericht geben durfte. Ich hoffe, ich habe Euch viel Stoff zum Nachdenken und zum Diskutieren gegeben. Danke für Euer Interesse.

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr