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10. Dezember 2018, Frankfurter Flughafen, Terminal1

Zweihundertachtundsechzigste Montagsdem
onstration

Hans Schinke

Fluglärmjahr 2018 – eine Nachlese

Guten Abend liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

die 268. MontagsDemo bietet sich an, eine Rückschau auf das zu Ende gehende Jahr zu halten. Was hat uns im Fluglärmjahr 2018 besonders beschäftigt, was hat uns wieder einmal empört, bewegt und verärgert? Hier kommen meine sechs Kalenderblätter.

1. Kalenderblatt Fluglärm ohne Ende
Herr Ministerpräsident Bouffier, in Ihrer Regierungserklärung vom 29. Februar 2012 hatten Sie uns versprochen: "Es soll leiser werden – und: Es wird leiser!" Seit über sechs Jahren warten wir nun schon auf die Einlösung Ihres Versprechens. Wie lange denn noch? Durch die immer noch nicht abgestellten Starts und Landungen nach 23 Uhr wird Ihr Versprechen ohnehin völlig auf den Kopf gestellt. Sie sind Vertreter des größten Anteilseigners der Fraport AG. Warum handeln Sie nicht und schweigen stattdessen zu diesem unhaltbaren Zustand? Uns ist doch völlig egal, ob ein Paket mit 19 oder nur mit 17 Einzelmaßnahmen zur Lärmreduzierung geschnürt wird. Uns interessiert eigentlich auch nicht, an welchen Stellschräubchen und Rädchen damit gedreht wird. Auch mit der Relativitätstheorie des Lärms, dass es bereits dann leiser sein soll, wenn es nicht so laut wird wie gedacht, können und wollen wir uns nicht abfinden. Eigentlich möchten wir nur drei Dinge wissen: 1. Wirken diese Maßnahmen? 2. Welche Lärmminderungsziele werden damit erreicht? Und 3.: Wann wird es dadurch in der Region für uns endlich wieder leiser? Und genau die Beantwortung dieser Frage "Wann wird es endlich für uns wieder leiser?" scheuen sämtliche Ausbaupolitiker wie der Teufel das Weihwasser, weil sie sehr genau wissen, dass es in Zukunft nicht etwa leiser, sondern mit der Flughafenerweiterung nur noch immer lauter wird. Damit aber wollen wir uns nicht abfinden, können wir uns nicht abfinden und dürfen wir uns auch nicht abfinden. Nie!! Niemals!!! Übrigens hat Olaf Glitsch von der DFS in der Veranstaltung "Aktiver Schallschutz" der Stabsstelle für Fluglärmschutz am 14. November am Ende seiner Präsentation eingeräumt, dass sämtliche lärmdämpfenden Effekte aus dem Aktiven Schallschutz durch den Ausbau wieder aufgefressen werden mit dem Ergebnis: Es wird noch lauter.

2. Kalenderblatt Verspätungslandungen – wenn die Ausnahme zur Regel oder die Nacht zum Tage wird
Lange, viel zu lange bin ich davon ausgegangen, dass nach dem Planfeststellungsbeschluss am Frankfurter Flughafen zwischen 23 und 5 Uhr absolute Ruhe herrscht. Anfangs war ich tatsächlich so naiv, an das Fraportmärchen vom härtesten Nachtflugverbot weltweit zu glauben. Ich wusste damals einfach nicht, dass verspätete Starts mit Ausnahmegenehmigungen bis 24 Uhr durchaus möglich und verspätete Landungen zwischen 23 und 00:00 Uhr auch ohne Genehmigung jederzeit zulässig sind. Was ist nun die Bilanz 2018 dieses kastrierten Nachtflugverbots? 1.047 Landungen und 489 Starts bis zum 31. Oktober. 1.536-mal wurden die Menschen in der Region am Einschlafen gehindert, aus dem Schlaf gerissen, in ihrer Nachtruhe gestört und in ihrer Gesundheit geschädigt. Das waren 1.536 nächtliche Flugbewegungen zuviel!!! Die Fluglärmkommission Frankfurt hat in ihrer Sitzung am 20. Juni 2018 diesen unhaltbaren Zustand scharf kritisiert und sehr konkrete Forderungen formuliert, um die Nachtruhe wenigstens in der Zeit von 23 bis 5 Uhr wieder herzustellen:
1. Betriebsgenehmigung/Planfeststellungsbeschluss ändern
2. Kapazitätseckwert anpassen
3. Flughafenentgelte für Verspätungsflüge drastisch anheben

Nach Pressemeldungen hat der Vorstand der Fraport AG diese drei Kernforderungen über seinen Sprecher sofort ultimativ zurückgewiesen und keinerlei Kooperationsbereitschaft erkennen lassen. Nur fünf Tage nach der FLK-Sitzung hat dann Fraportchef Schulte in einem fnp-Interview die Verspätungslandungen sogar noch heruntergespielt mit dem Satz, dass "wir im Jahresdurchschnitt pro Tag laut Planfeststellungsbeschluss 7,5 verspätete Landungen haben dürfen, derzeit liegen wir bei rund 2." Dieser Satz ist deshalb so niederträchtig, perfide und zynisch, weil sich nach einem gezielten Hinweis aus der Politik jetzt herausstellt, dass die Zahl von 7,5 im Planfeststellungsbeschluss, auf die Herr Schulte sich beruft, von der ‚Fraport selbst stammt!!! Als Folge einer unheiligen Allianz von wirtschaftlicher Macht und politischem Opportunismus machen sich die Konzerne offensichtlich ihre Regeln selbst!!!. Was muss jetzt bei den Verspätungslandungen passieren? Erstens müssen alle Landungen nach 23:00 Uhr grundsätzlich verboten werden. Und zweitens ist die Beweislast umzukehren. Die Fluggesellschaften müssen nachweisen, dass nicht sie für die Verspätungen verantwortlich sind, und nicht etwa das völlig überforderte Verkehrsministerium in Wiesbaden oder das RP in Darmstadt. Dass zudem die Fluggesellschaften zukünftig die Bußgelder zahlen sollen und nicht die armen Schweine, die Piloten, ist nur konsequent, denn die können ja nichts für ihre zu eng gestrickten Flugpläne. Unangefochtener Spitzenreiter bei den Landungen nach 23 Uhr war übrigens Ryanair mit 324 Verspätungslandungen bis Ende Oktober. Dieser Outlaw-Carrier mit seinen gezielt auf Kante genähten Umläufen denkt ganz offensichtlich überhaupt nicht daran, sich an die Nachtflugbeschränkungen am Frankfurter Flughafen zu halten. Und ausgerechnet diesen unseriösen Carrier hat Ministerpräsident Volker Bouffier am Frankfurter Flughafen auch noch willkommen geheißen!!!

3. Kalenderblatt Genehmigung Billigflugsteig G
Am 16. August 2017 reicht die Fraport AG bei dem zuständigen Bauaufsichtsamt der Stadt Frankfurt den Bauantrag ein. Darauf hin bittet das Amt seinerseits das Verkehrsministerium um eine Stellungnahme, ob der Bauantrag mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 18. Dezember 2007 vereinbar sei. Dies wird vom Ministerium bestätigt, allerdings, allerdings mit dem unmissverständlichen Hinweis, dass die Stadt Frankfurt an diese Stellungnahme rechtlich nicht gebunden sei. Auch der parteilich sicherlich unverdächtige Rechtsanwalt Martin Schröder kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass die Stadt Frankfurt in eigener Zuständigkeit entscheiden müsse, ob der Flugsteig G den baurechtlichen Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses entspricht. Dennoch besteht Frankfurts Planungsdezernenten Mike Josef auf seiner Version von einer geteilten Verantwortlichkeit. Das Land auf der einen Seite entscheide, ob der Bauantrag planfeststellungskonform sei. Die Stadt Frankfurt auf der anderen Seite habe lediglich Fragen der Statik und des Brandschutzes zu prüfen. Mit dieser recht eigenwilligen Erzählung von der geteilten Verantwortung im Rücken wird dann im August die Baugenehmigung für den Billigflugsteig G erteilt.

Mut und Haltung hat das SPD-geführte Planungsdezernat für mich dabei nicht gezeigt.
Mit ihrem Low-Cost-Terminal führt die Fraport AG unfreiwillig jedermann vor Augen, dass man auch ohne teure Shopping Malls fliegen kann, und setzt zudem die alte Fraport 1.0 mit ihrer Premiumausrichtung auf die Netzwerk Carrier unter massiven Kostendruck. Fraport holt nicht nur noch mehr Krach, Gestank und Ultrafeinstaub in die Region, sondern rüttelt zugleich weiter an der Nachtflugbeschränkung zwischen 23 und 5 Uhr, sind es doch insbesondere die Billigflieger, die mit ihren viel zu eng getakteten Umläufen die Mehrzahl der Verspätungsflüge in der Mediationsnacht verursachen. An der Spitze natürlich Ryanair, die jetzt mit Kampfpreisen von 4,99 Euro nach Mallorca weiterhin gnadenlos Natur, Umwelt, Klima und ihr eigenes Personal ausbeutet. Flying at others' cost. Und ausgerechnet diesem skupellosen Carrier hat die Fraport AG mit ihrem Incentive-Programm auch noch den Roten Teppich am Flughafen ausgerollt. Pfui Teufel! Shame on you Mr. Schulte!!!

4. Kalenderblatt Jobmotor Flughafen – eine Erzählung wie aus dem Märchen
Am 30. Oktober wurden auf dem Hessischen Unternehmertag im Kurhaus Wiesbaden die Finalisten im regierungsamtlichen Wettbewerb "Hessen Champions" ausgezeichnet. In der Kategorie "Jobmotor" belegte die mittelständische Wagner GmbH & Co. KG aus Fulda den ersten Platz, weil sie in 2017 in Relation zu ihrer Belegschaft mit plus 10,44% die meisten Arbeitsplätze geschaffen hatte. Noch nie war eines der am Flughafen Frankfurt angesiedelten Unternehmen auf der Pole-Position. Noch nie!!! Und nur einmal, im Jahre 2005, belegte Fraport den zweiten Platz. Von 2012 bis 2015 schufen die 500 am Flughafen angesiedelten Unternehmen zusammen 3.000 neue Jobs. Das sind in diesen vier Jahren pro Betriebsstätte gerade mal 6 im Schnitt. Im gleichen Zeitraum erhöhte ein einzelnes Unternehmen, der Medizintechnikkonzern Braun-Melsungen, aus Nordhessen, also weit weg vom Flughafen, seine Beschäftigtenzahl in Deutschland um rund 2.200, soviel wie 367 Flughafenbetriebe zusammen. Und trotzdem, trotzdem erzählen uns die Ausbauparteien CDU, SPD und FDP im Schulterschluss mit Fraport völlig unbeirrt von den Tatsachen weiter das Märchen vom Jobmotor Flughafen. Und warum? Weil sie mit dem Zauberwort "Jobmotor" den weiteren Ausbau und die damit verbundene Belastung für die Menschen in der Region politisch und gesellschaftlich rechtfertigen wollen!!!

5. Kalenderblatt - Protest als Veränderungsprozess und politische Herausforderung
Unser Protest hat Folgen - auch persönlich für uns selbst. Wir haben uns verändert. Wir sind nicht mehr dieselben wie zu Beginn des Protests. Wir haben andere Menschen kennen gelernt, die uns so nicht über den Weg gelaufen wären. Wir haben ganz konkret erfahren, dass wir nur gemeinsam stark sind, dass wir nicht allein dastehen und dass es auf jeden einzelnen von uns ankommt. Unser Blick hat sich geweitet, unsere Perspektive hat sich vergrößert. Wir haben gelernt, dass es nicht nur um Fluglärm und Flughafenausbau geht. Nein, es geht um viel mehr. Es geht um Ultrafeinstaub, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Klimawandel, Energiewende, Mobilitätskonzepte, Billigflieger, Arbeitsplätze, um den Verbrauch natürlicher Ressourcen wie Wasser, Luft und Boden. Und hier geht es immer wieder um die Vernichtung von Bannwald für den Kiesabbau. Es geht um Macht, den Einfluss von Großunternehmen auf die Politik, um Bürgerbeteiligung und Demokratie, um den Kampf von David gegen Goliath. Petra Schmid und Dirk Treber weisen zudem immer wieder darauf hin, dass es auch um den Einfluss der Fraport AG auf die Regional- und Städteplanung durch Projekte wie Gateway Gardens, Cargo City Süd oder Airport City geht. Letztendlich aber geht es vor allem um die Frage, was gutes Leben für uns alle bedeutet und wie wir in Zukunft leben wollen.

In all' diesen Bereichen haben wir im Laufe des Protests eine einzigartige Expertise erworben. Doch was machen wir jetzt mit diesen Erkenntnissen? Wissen, das nicht politisch wirksam wird, weil es nicht mehrheitsfähig ist, ist nicht Macht, sondern Ohnmacht. Damit stehen wir alle im Schulterschluss mit dem Bündnis weiterhin vor der Aufgabe, wie wir auf die Unwissenheit, Trägheit, Gleichgültigkeit oder Resignation unserer Mitmenschen reagieren, wie wir nach Dr. Kopatz als schizophrene Verdrängungskünstler mit einem Leben in Widersprüchen umgehen, weil wir nicht das tun, was wir alle für richtig halten, und wie wir es letztendlich doch schaffen, unsere Forderungen mehrheitsfähig zu machen.

6. Kalenderblatt - vier Weihnachtswünsche
Erstens wünsche ich mir, dass das Bündnis der Bürgerinitiativen mit seinem einzigartigen Expertenwissen die Politik weiterhin nicht aus der Verantwortung entlässt, die kritische Auseinandersetzung mit ihr sucht, ihr auf die Füße tritt, die Politik immer wieder mit unseren Forderungen konfrontiert und im öffentlichen Diskurs Antworten auf unsere Fragen verlangt. Wir brauchen ja am Ende die Politik als Transmissionsriemen für die Umsetzung unserer Forderungen.

Zweitens wünsche ich mir, dass es uns gelingt, auch jüngere Menschen anzusprechen. Wir müssen vielleicht deutlicher machen, dass es uns auch um das Klima auf unserem Planeten, um eine nachhaltige Lebensweise und um die Frage geht, wem die Welt gehören soll, den Bürgern oder den großen Konzernen. Der Kampf gegen Fluglärm, Ultrafeinstaub und gegen den Ausbau ist und bleibt dabei aber weiterhin unser unverwechselbarer Markenkern.
Drittens wünsche ich mir, dass wir auch 2019 durchhalten und in unserem Protest nicht nachlassen.

Und nicht zuletzt wünsche ich mir natürlich, dass wir alle gesund und wohlbehalten durch das Jahr 2019 kommen.

Zum Schluss habe ich noch eine Anregung für die Ortsbeiräte aus dem Frankfurter Süden. Nach dem Regionallastenausgleichsgesetz vom 01. Januar 2018 fließen 21 anspruchsberechtigten Kommunen in den kommenden fünf Jahren aus der Fraportdividende des Landes jährlich 4,5 Mio. Euro zu. Das sind gerade mal 10% der Dividendenausschüttung. Die Stadt Frankfurt hingegen rückt von ihrer Fraportdividende bislang gar nichts heraus. Bekämen die besonders fluglärmbelasteten Stadtteile im Frankfurter Süden gleichfalls 10% der Frankfurter Dividende, dann wären das auf der Basis von 2017 für sie jährlich zusätzlich rund 2,8 Mio. Euro oder in 5 Jahren 14 Mio. Euro für die Lasten, die sie wegen des Flughafens zu tragen haben. Wenn OB Feldmann es wirklich ernst meint mit seiner Sympathie für die Fluglärmopfer, müßte er eigentlich einen Vorstoß in dieser Richtung unterstützen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Geduld!!!

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr