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24. Juni 2019, Frankfurter Flughafen, Terminal 1


Zweihundertachtundachtzigste Montagsdemo
Joachim Stenger


Mein Name ist Joachim Stenger und ich komme aus Offenbach-Bürgel.

Mein Beitrag heute soll auch als ein Plädoyer für "Fridays for Future" verstanden werden.
Ihr werdet am Ende merken, warum!

Zahlen sind immer schwer zu verstehen, uns fehlt weitgehend das Verständnis für beispielsweise den Unterschied zwischen einer Million und einer Milliarde. Wir haben keine Erfahrung damit. Erst wenn wir einen Vergleich mit etwas aus unserem täglichen Erfahrungsbereich haben, wird die Zahl für uns verständlicher.
Als Beispiel: 1 Million in 100 € Banknoten passt gerade mal in ein Bordcase
für 1 Milliarde € bekommt man rund 3.000 Einfamilienhäuser.
Was hat das mit den demonstrierenden Schülern zu tun?
Ganz einfach, ich möchte euch nun einmal konkret veranschaulichen, was unsere jungen Leute in etwa in 50 Jahren zu erwarten haben.
Ich bin in Offenbach geboren und lebe seit meiner Geburt in Bürgel und seit meinem 6. Lebensjahr, seit 1951, in der Einflugschneise zum Frankfurter Flughafen.

Mit meinen persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen, die ich in dieser Zeit gemacht habe, möchte ich Euch einmal verdeutlichen, wie sich dieses Monster Fraport in der Region breit gemacht hat.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass ich als Bub mit 10 Jahren nämlich ganz begierig nach kleinen Bildchen war.
Bildchen von verschiedenen Flugzeugmodellen, die es damals für Sammelalben kostenlos zum Einkauf dazu gab. Denn wenn dann mal wieder ein Flieger im Landeanflug war, konnte man hoch schauen und sagen: "Schau mal, das ist doch eine Super Constellation.
4 Turboprop Triebwerke und die markanten 3 senkrechten Flügel am Leitwerk."
oder "das ist eine Douglas DC-7 mit 4 Triebwerken und der Nase wie ein Delphin"
Allerdings musste man genau aufpassen, wann wieder ein anfliegendes Flugzeug zu hören war, denn das geschah nur etwa alle Stunde.

1954 fertigte der Flughafen im Jahr etwas mehr als eine halbe Million Passagiere ab und es starteten und landeten um die 33.000 Maschinen im Jahr! Das sind etwa 90 Maschinen am Tag. Damals noch verteilt auf 24 Stunden. Da die meisten Maschinen zur Tageszeit starteten und landeten, war es durchschnittlich alle Viertelstunde ein Flieger.
Für uns unter den Landebahnen bedeutete dies aber alle halbe Stunde Fluglärm.

Bereits Ende der 50er Jahre mussten die Landebahnen auf 3.300 m verlängert werden. Das Zeitalter der Strahlentriebwerke oder Düsen-Jets hatte begonnen. Und dann ging es richtig aufwärts mit dem Flugverkehr. Der Zuwachs bei den Passagierzahlen betrug bis zu Beginn der 70er Jahre im Schnitt fast 20%.

1971 knackte der Flughafen die 10 Millionen-Grenze bei den Passagieren.
In diesem Jahr überschritten die Flugbewegungen mit 207 Tausend erstmals die 200.000 Grenze. Das bedeutet 568 Starts und Landungen pro Tag. Das sind ca 28 in der Stunde. Oder tagsüber alle 2 Minuten ein Flieger. Salopp gesagt rauschte nun alle 5 Minuten ein Flugzeug im Landeanflug über unsere Köpfe!
Das hatte nun gar nichts mehr mit Fernreisen und Flugromantik zu tun und dem Nervenkitzel, eine Flugreise machen zu können.

1970 begann die Ära der Großraumflugzeuge. Mit enormen Auswirkungen.

Bis 1986 verdoppelten sich die Passagierzahlen, aber die Zahl der Flugbewegungen stieg in der gleichen Zeit nur um 20 %.
Es war die Zeit des Kampfes und der Demonstrationen um die Startbahn West.
Und wie ihr aus den Zahlen unschwer erkennen könnt, hat der Vorgänger der Fraport, die Flughafen Frankfurt/Main AG schon genau so getrickst und beschissen wie die Fraport heute.

Wenn sich die Passagierzahlen verdoppeln und die Flugbewegungen aber nur um 20 % steigen, was braucht man da?
Ein größeres Terminal war notwendig – aber nicht die Starbahn West !!!

Trotzdem wurde die Startbahn West gegen alle Widerstände gebaut.
Und danach wurde auch Terminal 2 gebaut und 1994 eröffnet.

Schon damals waren von den 20 Mio Passgieren die Hälfte (10 Mio) reine Umsteiger, die eigentlich gar nicht nach Frankfurt wollten!
1999 begann die Planung für die Landebahn Nord-West.
Damals gab es 46 Mio Passagiere und 440.000 Flugbewegungen. Damit war die Belastung für uns auf Dauerbeschallung gewachsen. Alle 2 Minuten eine landende Maschine! Im Durchschnitt!
In den Morgen- und Abendstunden sogar alle 30 Sekunden.
Die Zahl der Transfer-Passagiere war auf 22 Mio gewachsen, so dass man sagen kann, jede 2. Maschine, die in Frankfurt landete, brachte der Region nur Lärm und Umweltbelastung – allerdings dem Flughafenbetreiber einen guten Gewinn!

Für uns, die Anlieger unter den Einflugschneisen, hatte sich die Welt aber gravierend verändert!
Anstatt alle halbe Stunde den Lärm eines anfliegenden Flugzeugs zu haben, mussten wir nun eine Dauerbeschallung ertragen. Zu Spitzenzeiten alle halbe Minute ein landendes Flugzeug!

2005 erreichen wir mit 490.000 Flugbewegungen die bis 2017 höchste Zahl an Starts und Landungen. Es wurden 52,2 Mio Passagiere abgefertigt. Das bedeutete nun im Durchschnitt, und nicht zu Spitzenzeiten, jede Minute ein Start oder eine Landung!

Damit ist eine Unterhaltung auf meiner Terrasse unmöglich geworden.
Aber noch schlimmer: Bei Beerdigungen auf dem Bürgeler Friedhof kommt es häufig vor, dass der Pfarrer am Grab seine Rede oder sein Gebet unterbrechen muss, weil außer Fluglärm nichts mehr zu hören ist!!!
Ich war Oberstudienrat und habe am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Offenbach unterrichtet.

Ich kenne aus eigener Erfahrung die unzumutbaren Lernbedingungen an dieser Schule. Es ist ein wunderschöner Altbau aus der Zeit um 1900, für den es leider keinen Schallschutz und keine Klimaanlage gibt. Die Schüler haben im Sommer die Wahl zwischen geschlossenen Fenstern und einer unglaublichen Hitze im Raum oder halbwegs erträglichen Temperaturen drinnen, dafür aber Dauerbeschallung durch Fluglärm. Was die für das Lernen bedeutet hat uns die NORA Studie klar vor Augen geführt.
Ich habe einen Wunsch, der aber leider nur eine Illusion bleiben wird:
Der gesamte Vorstand der Fraport muss in dieser Schule bei diesen Bedingungen arbeiten und die Schüler dürfen die klimatisierten Räume der Fraport benutzen!

Als Lehrer weiß ich, dass Zahlen allein ab einer bestimmten Größe für uns nicht mehr aussagekräftig sind. Was bedeutet 10 Millionen, 1 Milliarde, 50 Billionen ?
Um diese Größenordnung zu verstehen, muss man sie vergleichbar machen, die Proportionen verdeutlichen.
Was bedeutet das Wachstum des Flughafens und die Zunahme des Fluglärms für uns. Ich versuche die Dimensionen einmal an einem Beispiel zu verdeutlichen:

1950 beginnt ein Spediteur den Aufbau seiner Spedition. Er besitzt ein schönes großes Gelände in der Stadt, in einem Mischgebiet. Er beginnt mit 2 Lastzügen, vergrößert sich innerhalb von 5 Jahren auf 7 Lastzüge. Das heißt, Mitte der 50er Jahre fahren am Tag durchschnittlich 6-7 Lastzüge ein- oder aus. Diese fahren natürlich auch durch die Wohngebiete.
Na ja, denkt man, das ist doch noch erträglich!
Vergleicht man das mit der Entwicklung am Frankfurter Flughafen, müssten in diesem Fall heute die LKW in einer Schlange, einer direkt hinter dem anderen, das Speditionsgelände anfahren.
Ein Schelm, der glaubt dies wäre heute für die Spedition und die LKW möglich.
Aber für den Flugverkehr und die Fraport ist das selbstverständlich!

Weil das der Fraport aber immer noch nicht reichte, wurden im vergangenen Jahr die Billigflieger nach Frankfurt gelockt. Ergebnis: Fast 70 Mio Passagiere, davon etwa 30 Mio reine Umsteiger, und 512.000 Flugbewegungen.
Nun sind wir inzwischen im Durchschnitt bei alle 46 Sekunden ein Start oder Landung
oder in Spitzenzeiten alle 15 Sekunden ein Landeanflug auf einer der beiden, Center- oder Nordwestlandebahn, manchmal sogar gleichzeitig, parallel auf den Bahnen.

Was in den 50er Jahren alles so harmlos schien, wohin hat es sich entwickelt?
Was darf die heutige junge Generation in Zukunft noch erwarten?
Unbemannte Frachtdrohnen von Unternehmen wie Amazon, die dann überall nur dicht über unseren Köpfen dahinzischen?

Was kann die Jugend aus dieser Entwicklung lernen?

Für sie geht es nicht in erster Linie um Lärm. Für sie geht es um viel mehr!
Durch die ungebremste Schadstoffbelastung steht ihre komplette Zukunft auf dem Spiel.
Und sie dürfen nicht das hinnehmen, was wir viel zu lange hingenommen haben!
Dazu noch 2 Beispiele, die die Dimension der Schadstoffe betreffen

Ich zitiere Fraport: 20.02.2015 Fraport AG – Frankfurt Airport Services Worldwide

"Das Abgas von Flugzeugen enthält bereits bei der Freisetzung einen großen Anteil eingemischter Außenluft. Durch seinen Austrittsimpuls und durch thermischen Auftrieb bei vergleichsweise hoher Austrittstemperatur werden die enthaltenen Schadstoffe zusätzlich verdünnt. Da Flughäfen normalerweise in ebenem, meist gut belüfteten Gelände liegen, sind die Abgase bereits weitgehend verdünnt sind, bevor sie besiedeltes Gebiet erreichen.
Aus diesem Grund werden auf dem Flughafen selbst kaum höhere Schadstoffkonzentrationen gemessen als im städtischen Bereich. An besonders verkehrsexponierte Standorten der Innenstädte liegen die Messwerte sogar deutlich höher."

http://www.deutschlandfunk.de/abgase-im-flugverkehr-feinstaub-kommt-auch-von-oben

"Passagiermaschinen produzieren zwar schon lange keine dunklen Rauchschwaden mehr, wenn sie starten. Die Triebwerke sind sauberer geworden, sie verbrennen Kerosin heute effizienter. Doch Ruß stoßen sie immer noch aus. Man sieht ihn nur nicht mehr. Die Größe der Partikel liegt im unteren Nanometer-Bereich […]
"Man hat praktisch keine Massenemission mehr. Sie sind extrem klein, diese Partikel. Dafür hat man eine sehr hohe Anzahl."
Die ist viel größer als zum Beispiel beim Diesel-Pkw. Selbst im sogenannten Taxischub, wenn die Maschinen zur Startbahn rollen:
"Im Taxischub entspricht eine Sekunde Laufzeit etwa 60 Kilometer Autofahrt von einem Euro-6-Dieselfahrzeug mit Filter."

Um nun einmal die Dimension darzustellen:
Nur die größten deutschen Flughäfen (über 25.000 Flugbewegungen im Jahr) haben zusammen 2.292.000 Flugbewegungen.
Der Schadstoffausstoß pro Sekunde Rollen am Boden entspricht dem einer 60 km Autofahrt mit einem Diesel (Quelle Kfz-Bundesamt)
Der Schadstoffausstoß der Flugzeuge entspricht demnach 41.Milliarden 256. Millionen km Dieselfahrt. Dazu im Vergleich: 2017 haben alle PKWs (Benziner und Diesel) in Deutschland insgesamt 630.Milliarden km zurückgelegt. Noch einmal zum Vergleich: die Flugzeuge über 41 Milliarden
Und diese Schadstoffmenge entsteht nur beim Rollen am Boden.
Ich möchte gerne mal wissen, was erst beim Start mit Vollschub oder bei der Landung mit Rückwärtsschub zum Bremsen ausgestoßen wird. Und erst in der Luft!
Warum sperrt man eigentlich nur die Dieselautos aus den Städten aus?

www.heise.de/tp/features/Treibhausgase-gegen-Luftschadstoffe

Ein früherer Bericht des Klima-Rahmensekretariats der Vereinten Nationen (UNFCCC) beziffert die Zunahme der Treibhausgasemissionen des Flugverkehrs seit 1990 weltweit mit 50% (der des gesamten Verkehrssektors hingegen nur um 23,9%). Der Flugverkehr ist damit der klimaunverträglichste Massenverkehrsträger.

Für jedermann völlig unverständlich ist die Tatsache, dass der immer häufiger über uns schwebende Klimakiller, das Flugzeug, seine gefährliche Abgasfracht steuerfrei in die Atmosphäre entlassen darf. Annähernd 400 Millionen Euro an Einnahmen lässt sich der sonst so penibel rechnende Finanzminister für das Staatssäckel entgehen. Auch er will es nicht bemerken, dass es sich um eine der zwanzig umfangreichsten Steuervergünstigungen des Bundes handelt. Im Gegenteil, seit mehr als zehn Jahren ist diese schon seit langem überfällige Mineralölsteuer für Flugbenzin Gegenstand der Diskussion unterschiedlichster Gremien – aber bisher fehlt noch immer deren Einführung. Die Luftfahrtunternehmen tätigen trotz Billigfliegerei satte Gewinne – kein Wunder bei der Steuerfreiheit des Treibstoffes und gar wegfallender Mehrwertsteuer bei Auslandsflügen. Dabei spielt es keine Rolle, ob dem Fiskus jährlich eine geschätzte Milliarde Euro an Steuern verlustig gehen, oder das Wachsen der Passagierzahlen und Flüge förmlich angeregt wird und dabei die Atmosphäre eine weitere Aufkonzentrierung an Luftschadstoffen erfährt.

Und was hat das Ganze mit Fridays for Future zu tun?
Wir demonstrieren hier zu Recht gegen die Störung unserer Ruhe durch die vielen Flieger. Dies ist aber nur eine Facette des viel größeren Problems durch ungehindert zunehmenden Flugverkehr, nämlich die katastrophale Umweltverschmutzung durch Flugzeuge.
Der Lärm klaut uns heute die Ruhe – die Umweltverschmutzung der Jugend aber die ganze Zukunft. Das heißt, wenn wir nicht nachlassen mit unseren Demonstrationen, helfen auch wir unseren Kindern und der Bewegung Fridays for Future im Kampf um eine bessere Zukunft!


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