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21. Oktober 2019, Frankfurter Flughafen, Terminal 1

Zweihundertsiebenundneunzigste Montagsdemo
Gekonnt die Historie der Ausbau-Krake dargestellt

Petra Schmidt (BI Mörfelden-Walldorf)
Flughafen Frankfurt – Wachstum ohne Ende oder endlich ein Ende des Wucherns?

Der Kürze der Zeit ist es geschuldet, dass der Überblick über dieses Drama nur kursorisch erfolgen kann. Wichtig ist: es gab und gibt kontinuierlich, mit Beginn Mitte der 60er Jahre, Proteste und Widerstand gegen jede Flughafenerweiterung, wenn auch mit schwankender Größe und Intensität der Bewegung.

Frühzeit 1909 – 1944
Der erste Frankfurter Flughafen - noch mit Starrluftschiffen - entstand 1912 auf dem Rebstockgelände.

Was als zivile Nutzung begann, wurde im Ersten Weltkrieg zu Kriegszwecken genutzt. Danach, ab 1924, gab es einen planmäßigen Luftverkehrsdienst.

Bereits 1930 wurde vom Frankfurter Magistrat ein neuer Standort mitten im Frankfurter Stadtwald ausgedeutet, weil auf dem innerstädtischen Rebstockgelände kein Platz mehr war. Federführend war hier OB Ludwig Landmann. Er hatte einen „Integrierten Verkehrsplan“ entwickelt, der den Bau aller Verkehrsträger im Rhein-Main-Gebiet bündelte, also Eisenbahn, Flughafen und das Projekt Autobahn von Hamburg nach Basel, die spätere A5.

Es war bis dahin noch gar nicht so eindeutig, dass bei Frankfurt der dominierende Flughafen entstehen würde, es gab durchaus Konkurrenz von Köln + Stuttgart.

Und so wurden 1934 300 Hektar Wald auf Anordnung der Nationalsozialisten gerodet und der Flughafen 1936 in Betrieb genommen.

Die Orte, die heute unter Lärm, Schadstoffen und dem Verlust an Lebensqualität leiden, die gab es damals ja alle schon – außer Zeppelinheim.

Bereits 1939 wurde die Fläche des Frankfurter Flughafens auf über 600 Hektar mehr als verdoppelt. Die Technik hatte sich geändert, Propellerflugzeuge lösten die Luftschiffe ab und Kriegsvorbereitungen werden ihr übriges zu dem Ausbau beitragen haben. Der Flughafen wurde der Luftwaffe unterstellt und ab Mai 1940 als Ausgangspunkt für Bombenangriffe genutzt.

Und er wurde weiter zur Kriegsführung ausgebaut. Von August bis November 1944 mußten 1.700 jüdische Frauen aus Ungarn schwerste Zwangsarbeit dort leisten und eine bodenvermörtelte Start/Landebahn bauen. Untergebracht waren sie im KZ-Außenlager Walldorf.

Aufgrund der unmenschlichen Bedingungen waren die Frauen im November 1944 nicht mehr arbeitsfähig und wurden ins KZ Ravensbrück überstellt. Die meisten von ihnen erlebten das Kriegsende nicht mehr.

 

1945 – Startbahn
Bei Kriegsende war vom Flughafen nicht mehr viel übrig.

Die US-Streitkräfte ließen dann im Sommer 1945 den Vorläufer der heutigen Süd-Bahn von 1200 Metern auf 1800 Metern verlängern und asphaltieren.

Der Flughafenausbau war ein Kind des Kalten Krieges: Die Luftbrücke nach Berlin lief zum Teil über den Frankfurter Flughafen. Die starke Beanspruchung der alten Bahn führte 1949 zum Bau der zweiten Parallelbahn, bei zeitgleicher Erweiterung des Geländes auf 890 Hektar. Die Grundlage für das Drehkreuz wurde also insbesondere vom amerikanischen Militär geschaffen und war erst mal kein Selbstläufer.

1951 übersiedelte die US-Airforce auf die Airbase im Süden des Flughafens, die zivilen Einrichtungen waren im Norden. 1955 erlangte die Bundesrepublik wieder die Lufthoheit und damit begann das Wachstum des zivilen Luftverkehrs.

In den Jahren 1957 – 1967 wurden beide Parallelbahnen immer wieder verlängert. Ursache dafür war das Einsetzen des Düsenluftverkehrs mit größeren und schwereren Maschinen.

Der luftseitige Ausbau zog die Erweiterung von landseitiger Infrastruktur nach sich wie z.B. Terminal 1 oder die Gepäckförderanlage. Kapazitäts- und Effizienzgewinne am Boden sind die Voraussetzungen des nächsten Flächenraubs. Und so sind wir 1975 schon bei über 1200 Hektar Flughafen.

Die Flugbewegungen, die bewegen sich 1975 im Vergleich zu heute in geradezu komfortablen Dimensionen – knapp 13 Mio. Passagiere bei 209.000 Flugbewegungen

Startbahn 18 West
Der Antrag zum Bau der Startbahn wurde bereits 1965 gestellt, zusätzlich sollten mal wieder die beiden Parallelbahnen verlängert werden. 1971 erfolgte der maßgebliche Planfeststellungsbeschluß.

1978 verkaufte die Landesregierung 303 Hektar Wald an die FAG – der Startschuß für eine der größten Umweltbewegungen in Deutschland.

Die Parallelbahnverschiebung wurde bereits erlaubt und so wuchs die Fläche des Flughafens bis 1980 auf ca. 1500 Hektar

Im Dezember 1980 verkaufte die Stadt Flörsheim den Wald an die FAG, der für den Bau der Startbahn notwendig war – und noch mehr Hektar dazu! Um die Wogen des Protestes zu glätten, gab im Februar 1981 eine Anhörung, das Landtagshearing. Dabei war da schon längst klar, dass die Startbahn gebaut werden sollte.

Rechtsstaatliche Gepflogenheiten werden, wenn es um den Flughafen geht, gern mal außer Kraft gesetzt: in den Planungsverfahren zur Startbahn hatte es kein wasserrechtliches Genehmigungsverfahren gegeben. Und dann, 1982, als die Bäume schon gefällt waren, da gab es dann ein Urteil des VGH, dass es solches Verfahren zwingend hätte geben müssen! Doch die Fakten waren bereits geschaffen, die Startbahn wurde gebaut und 1984 in Betrieb genommen, die Okrifteler Straße untertunnelt, die RWE-Trasse auf den Mönchbruchwiesen verlegt.

Ende der 80er Jahre
Die FAG investierte weiter in den Ausbau der Infrastruktur auf dem Boden:

Dabei fielen 13 Hektar Wald in der Nordwest-Ecke des Flughafens der Säge zum Opfer. Denn im Nord-Osten des Flughafens mußten Gebäude für das zweite Terminal weichen, das schließlich 1994 eingeweiht wird.

Außerdem gelang es der FAG, 1987/88 weitere 28 ha Wald innerhalb des Flughafens - im Süden - zu fällen und zusätzlich noch 12 Hektar außerhalb des Betriebsgeländes, insbesondere für Frachtanlagen.

Ein Teil des Waldes, den die FAG 1980 von der Stadt Flörsheim gekauft hatte, tauschte sie ca. 1987/88 gegen 77 ha Wald vom Land Hessen. Die FAG kam dadurch zu einem großen zusammenhängenden Areal südlich des Flughafens.

Cargo City Süd 1991 - 1995

Der Koalitionsvertrag von 1991 unter einer SPD-Grüne-Koalition begrenzte den Flughafen auf seine damalige umzäunte Fläche.

Die FAG versuchte trotzdem, ein neues Frachtzentrum außerhalb des Geländes zu bauen, südlich des Flughafens.

Das wurde nach Protesten zurück gezogen, letztlich wurde Cargo City Süd innerhalb des Geländes gebaut, aber auch hier fielen Bäume auf ca. 35 Hektar.

Kaum war der Wald im Winter 1994 umgesägt, wurde öffentlich, dass bereits im April 1995 ca. die Hälfte (ca. 130 Hektar) der US-Airbase an die FAG zurück gegeben werden sollte. Das war auch der FAG rechtzeitig bekannt.

Landebahn + Ausbau Süd + Terminal 3
„Die Befürchtungen, daß später eine weitere Start- oder Landebahn - etwa parallel zur Bahn 18 - West errichtet werden könnte, entbehren jeder Grundlage. Die Genehmigung einer solchen Maßnahme wird auf keinen Fall erteilt." so steht es im Planfeststellungsbeschluß zur Startbahn 18 West.

Und in den 90ern wurde der Waldes rings um den Flughafen als schützenswerter Bannwald ausgewiesen - gerade wegen der großen Waldverluste durch den Bau der 18 West. Das galt auch für die Waldflächen, die bereits im Besitz der FAG waren.

Doch wenn der Groß-Konflikt erst mal vorbei ist, die Strukturen von Gegenmacht schwächer werden – dann wird von der Luftverkehrsindustrie und Politik das Erreichte geschleift und die nächste Flughafenerweiterung vorbereitet.

Nichts symbolisiert das besser als der Satz „Nach dem Ausbau ist vor dem Ausbau“.

Und so forderten Stimmen aus der Luftfahrtindustrie im November 1997 eine neue Start- und/oder Landebahn. Die sich neu formierende Protestbewegung sollte eingebunden, Akzeptanz für den erneuten Waldeinschlag geschaffen werden. Deshalb wurde das Mediationsverfahren durchgeführt. Dessen Ziel spricht Bände:

Es sollte geklärt werden „unter welchen Voraussetzungen der Flughafen Frankfurt dazu beitragen kann, die Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsregion Rhein-Main im Hinblick auf Arbeitsplätze und Strukturelemente dauerhaft zu sichern und zu verbessern, ohne die ökologischen Belastungen für den Siedlungsraum außer acht zu lassen“.

Nicht Mensch und Umwelt standen im Mittelpunkt, sondern der Flughafen.Folgerichtig nahmen die Bürgerinitiativen aus dem BBI und die Naturschutzverbänden daran nicht teil.

Es wurden verschiedene Ausbau-Varianten in der Mediation diskutiert:

  • Nord-Ost-Variante im Frankfurter Stadtwald,

  • Nord-West-Variante im Kelsterbacher Wald, die letztlich im August 2000 vom hessischen Landtag mit den Stimmen von CDU, FDP und SPD beschlossen wurde

  • die Nutzung von Wiesbaden-Erbenheim (mit und ohne zusätzliche Südbahn)

  • Südbahn im Gundwald

  • Atlanta-Variante mit zusätzlich 2 südlichen Parallelbahnen

Im Januar 2000 wurde das Mediationsergebnis der Öffentlichkeit vorgestellt. Es beinhaltete 5 Punkte: den Ausbau des Flughafens, die Optimierung, Nachtflugverbot von 23-05 Uhr, einen „Anti-Lärm-Pakt“ und ein Regionales Dialogforum.

Das Terminal 3 taucht in den Empfehlungen nicht auf, dabei war das bei etlichen Ausbau-Varianten quasi als Voraussetzung „mitgedacht“, ohne dass das explizit im Ergebnis benannt oder das zu dem Zeitpunkt größer diskutiert wurde.

Erst im August 2000 teilte die FAG dem RP Darmstadt mit, daß sie zusätzlich 117 ha im Süden außerhalb des Zauns beanspruchte. Das Gelände war teilweise durch den Waldtausch von 1987/88 in den Besitz der FAG gekommen. Die Mediation war der FAG völlig egal, denn dort wurde dieser Wald überhaupt nicht verhandelt.

Außerdem war bereits seit Ende der 90er klar, dass die US-Luftwaffe die restliche US-Airbase - das waren ca. 152 Hektar - komplett räumen würde bis 2005! Aber anstatt die Airbase aufzuforsten – eine Forderung, die die BIs immer wieder erhoben hatten – bot sich der FAG damit der Platz für ein drittes Terminal.

Das Raumordnungsverfahren endete im Jahr 2002 mit einer Landesplanerischen Beurteilung des RP. Es stand ursprünglich ganz klar drin, dass eine neue Landebahn und der Ausbau im Süden nicht raumverträglich sind.

Doch nach Intervention des Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums hieß es nun in der Endfassung: „Die Vereinbarkeit mit den Erfordernissen der Raumordnung kann hergestellt werden.

Übrigens wurde die Chemiefabrik Ticona im ROV überhaupt nicht als Gefahrenquelle erkannt, erst im Jahr 2004 stellte die Störfallkommission fest, dass beide Betriebe nicht miteinander vereinbar sind.

Und was passiert? Dieses Problem wurde von der Fraport AG unter Vermittlung von Roland Koch aus dem Weg gekauft – genau so wie das Mönchhofgelände zwischen Raunheim und Kelsterbach.

A-380 Halle
Ein Teil des Ausbaus im Süden beinhaltete als integralen Bestandteil die A-380-Werft. Sie sollte rechtzeitig zur Auslieferung des Großraumflugzeugs Airbus A-380 fertig werden. Deshalb drückten Lufthansa und Fraport aufs Tempo, gesonderte Verfahren fanden 2004/2005 statt. Das war so, als würde man zuerst die Baugenehmigung für den Balkon einholen und sich erst danach um die Baugenehmigung für das gesamte Haus kümmern.

1977 hatte die FAG der Kommune Walldorf bindend zugesichert, dass der Wald der Gemeinde dauerhaft vor dem Zugriff des Flughafens geschützt sei. Ein Teil der Baumaßnahmen für die A-380-Halle befanden sich in diesem geschützten Waldbereich. Aber wie so oft: die Fraport dachte gar nicht daran, von ihren Plänen abzurücken.

20 Hektar Bannwald wurden im Jahr 2005 für die Werft und die Verlegung der Okrifteler Straße gerodet.


Am 18. Dezember 2007 erließ das Hessische Wirtschaftsministerium den Planfeststellungsbeschluß.

Im Jahr 2009 wurde dann der Wald für die Landebahn und den Ausbau im Süden gerodet. Ein Bürgerbegehren gegen den Verkauf des Kelsterbacher scheiterte ganz knapp an den hohen Hürden für ein Quorum, die Kommune Kelsterbach verkaufte an die Fraport AG.

Oktober 2011: Inbetriebnahme der Landebahn

Der letzte Akt der Tragödie ist das Terminal 3. Auch wenn das innerhalb des Geländes liegt: auch dafür wurden dort Bäume gerodet und vor allem wurden im November 2018 Teile des Treburer Oberwaldes für den Autobahnanschluß für das Terminal gefällt. 2016 hatte Trebur einem Verkauf des Waldstücks an die Fraport AG zugestimmt.

Und es ist noch nicht zu Ende: dort, wo mal Bannwald stand, auf dem Gelände des Waldtausches soll nun auf 6 Hektar ein Bodenlager für den kontaminierten Aushub vom Terminal 3 entstehen.

Und die Vorarbeit für den Regionalplan Südhessen will dem Flughafen noch weitere Flächen zur Verfügung stellen: in der Nähe der früheren Ticona und des Mönchhofgeländes, sollen 18 Hektar Wald als Suchräume für langfristige Reserveflächen für flughafenaffine Nutzung herhalten. Wald, der als Bannwald und FFH-Gebiet ausgewiesen ist.

Politische Einflußnahme, juristische Taschenspielertricks – das ist das, was ich hier verdeutlichen wollte. Auf was können sich Kommunen und BürgerInnen denn verlassen, wenn immer nur das LEX Flughafen gilt?

Der Flughafen ist ein Moloch, der seit Jahrzehnten große Waldgebiete verschlingt. Allem Gerede von Klimaveränderung oder regionaler Gesamtbelastung zum Trotz, frißt er sich immer weiter in die Landschaft und rückt immer näher an die umliegenden Kommunen heran.

Dagegen müssen wir uns weiter wehren!

 




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