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[12. Oktober 2005]
Flughafenausbau –
Das Bündnis der Bürgerinitiativen zum Verlauf des Erörterungstermins
Ein Monat Erörterungstermin
– Ein absurdes Theater
Seit einem Monat wird in der Stadthalle Offenbach der Erörterungstermin
zum Ausbau des Frankfurter Flughafens abgehalten. Statt die Einwendungen
der Betroffenen mit der Fraport AG zu besprechen, Unklarheiten zu
beseitigen und nach einem möglichen Ausgleich zu suchen, wird
an vier Tagen in der Woche in einem fast leeren Saal ein absurdes
Theater aufgeführt.
„Den schikanösen Beginn am 12. September mit der Aufspaltung
in drei regionale Gruppen waren die Bürger noch bereit als
nervöse Überreaktion einer durch 127.000 Einwendungen
verunsicherten Behörde zu entschuldigen. Jetzt, am Ende des
ersten Monats, haben sie alle Hoffnungen, es werde sich doch noch
ein faires Verfahren entwickeln, begraben“, so der Sprecher
des Bündnis der Bürgerinitiativen, Winfried Heuser.
„Was das Regierungspräsidium Darmstadt dort zelebrieren
lässt, ist inzwischen klar zu erkennen. Der Form wird Genüge
getan, das von der Politik vorgegebene Ziel wird am Ende des auf
sechs Monate angesetzten Verfahrens als Ergebnis verkündet
werden. Das Wirtschaftsminister wird die maßlosen Ausbauwünsche
der Fraport genehmigen, bestenfalls ein paar kosmetische Auflagen
verfügen. Die täglichen Erfahrungen lassen nur diese bittere
Erwartung zu. Wer bisher glaubte, die Erörterung sei ein Instrument
unseres demokratischen Rechtsstaats, kann nur entsetzt resignieren.
Wir erleben ein absurdes Theater.“
Eine Bürgerbeteiligung wird praktisch vereitelt. Wer kann sich
zur normalen Arbeitszeit von Beruf, Familie und Kindern auch nur
ein paar Tage frei machen um mit zu erörtern? Der Regierungspräsident
hat alle Anträge abgelehnt, auch nur ein paar bürgerfreundliche
Verhandlungszeiten an Samstagen oder nach Feierabend einzurichten.
Das sei denjenigen, die beruflich an der Erörterung teilnehmen
müssten, nicht zuzumuten. Als Ersatz hat er die Freitagnach-mittage
zur „Vorrangzeit für die Bürger“ gemacht,
verkennend, dass in der wieder zur Norm gewordenen 42-Stundenwoche
auch am Freitagmittag gearbeitet wird. Losgelöst von der Tagesordnung
dürfen sie reden, was zu einer abstrusen Sonderveranstaltung
führt. Nur wer einmal ordentlich schimpfen will, ist an jedem
Freitag richtig. Brauchbare Antworten oder vertiefte Diskussionen
gibt es nicht, die fachkundigen Anwälte und Gutachter fehlen.
Wer konkrete Informationen oder die Meinung anderer Einwender erfahren
will, muss beim entsprechenden Tagesordnungspunkt erscheinen!
Für ein schnelles Vorbeischauen in ein einer freien Stunde
ist der Verhandlungsort am äußersten Rand Offenbachs
zu abgelegen. Viele müssen rechnen, ob sie sich die bis zu
18 Euro kostende Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln leisten
können und ob eine bis zu zwei Stunden dauernde Fahrt sinnvoll
ist. Auch Autofahrer brauchen lange, wenn sie es trotz der unzutreffenden
Warnung des RP, es gäbe keine Parkmöglichkeiten, versuchen.
Andere Landesregierungen erreichen den Zweck des Verfahrens, weil
sie auf die Bedürfnisse der Bürger eingehen. Für
das Erörterungsverfahren zum Münchner Flughafen ist die
Anhörungsbehörde in dreißig Gemeinden des Umlands
gereist, in Berlin hat man samstags mit den Bürgern erörtert.
Im fensterlosen, düsteren Saal in Offenbach dagegen herrscht
meist gähnende Leere, nur wenige Bürger hören zu.
Der Umgang der Behörde mit Information ist einseitig. Anwälte
erhalten mit fadenscheinigen Begründungen keine Akteneinsicht.
Die Lufthansa AG hingegen, am Verfahren wie jeder Bürger auch
nur als Einwender beteiligt, hat Einblick in die 127.000 Einwendungen
der Bürger. Deren wohl mehr als 400-seitige Einwendung gibt
der RP den andern Einwendern aber nicht zur Kenntnis, ebenso wenig
wie die Ergänzungen, die er von der Fraport AG auf Anforderung
nachträglich erhalten hat. Die Protokolle der Versammlungen
werden erst nach dem Ende des Erörterungstermins zur Verfügung
gestellt. Fragen an die Lufthansa, die den Nutzen aus dem Ausbau
ziehen will, sind nicht möglich, sie ist ja nur Einwender,
nicht Beteiligte. Fraport zu fragen, bringt keinen Erfolg. Meist
kann oder will sie nicht sofort antworten, selbst einfachste Dinge
„müssen erst ermittelt werden“. Typisch ist, die
Fragesteller, auch die Anwälte, mit herablassenden Bemerkungen
abzufertigen, das stehe in den Unterlagen oder man habe das schon
einmal erklärt.
Die Versammlungsleitung unterstützt die Fragenden nicht, sondern
lässt zu, dass Fraport seine bewusst dürftigen Antworten
mitunter erst Tage später nachliefert, wenn der Fragende nicht
anwe-send ist. Dann rattert der Leiter der Fraport-Gruppe in einer
Minute einen Katalog von zwanzig Antwor-ten zusammenhanglos herunter,
zu schnell um auch nur die Zahlen mitschreiben zu können. Der
RP lässt zu dass weiter mit längst widerlegten Prognosen
und Zahlen jongliert wird. Ohne die geringste kri-tische Prüfung
gelten unhaltbare Grunddaten, aus vergangen „goldenen Zeiten“
abgeleitet, als nicht dis-kutierbar.
Die Tagesordnung enthält Hunderte von Punkten und Unterpunkten,
die aber keinem konkreten Terminen zugeordnet sind. Es gibt nur
einen Anfangstermin für einen Themenblock, der mitunter einen
gan-zen Monat lang besprochen werden soll. Wann ein Einzelthema
dran ist, erfährt man dann unerwartet. Die Einwender können
sich nicht auf das für sie besonders wichtiges Teilthema einrichten.
Die Arbeits-plätze, von der Politik immer wieder als das Ausbauargument
hochgespielt, wurde nachmittags so kurz-fristig aufgerufen, dass
kein Gegengutachter und kein Bürger da sein konnte.
Der Versammlungsleiter befand, obwohl noch zehn Personen auf der
Rednerliste standen, man habe jetzt genug zum laufenden Punkt gehört
und gehe nach der Kaffeepause zum nächsten Punkt über;
der Fraport-Gutachter kam aufs Stichwort aus der Kulisse.
Die Zerstückelung in Einzelthemen macht eine sinnvolle Erörterung
oft unmöglich weil die Versammlungsleitung den Redner, der
einen Zusammenhang herstellen will, rügt, das sei bereits dran
gewesen oder komme erst später.
Von den Wiesbadener Politikern, die über den Ausbau entscheiden
werden, hat sich mit Ausnahme des Flughafen-Spezialisten der Grünen
am ersten Tag, bisher niemand in Offenbach die Meinung der Bürger
angehört. Auch das ist wie die fast als Geheimsache behandelte
Änderung des Landesentwicklungs-plans, ein Indiz, dass man
an einem mit den Einwendern erarbeiteten Ergebnis nicht interessiert
ist. Ministerpräsident Koch und der Landtag haben sich bereits
festgelegt, der Ausbau wird als Prestigeobjekt durchgezogen. Das
Vertrauen in die Zusagen der Politik ist schon längst erschüttert,
nach den fragwür-digen Entscheidungen zur Abholzung von Bannwald
wird auch das in die Justiz brüchig. Weil der Erörterungstermin
eine Farce ist, bleibt als einzige Chance den Ausbau zu stoppen,
nur der Gang nach Leipzig zum Bundesverwaltungsgericht sobald der
Planfeststellungsbeschluss vorliegt.
Für weitere Auskünfte und
Nachfragen:
Winfried Heuser, Tel. 069-355464
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