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7. August 2007
Brief von Herrn Helmut Breidenbach
Präsident der Bundesvereinigung gegen Fluglärm
an die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts

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Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichtes
Frau Marion Eckertz-Höfer
Simsonplatz 1

04107 Leipzig

Düsseldorf, den 20.7.2007

Einflussnahme auf die Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes

Sehr geehrter Frau Präsidentin,

die Bundesvereinigung gegen Fluglärm engagiert sich seit 40 Jahren für die Belange von Fluglärmbetroffenen. Mit gesetzlicher Ermächtigung berät sie Ministerien, Luftfahrt- und Immissionsschutzbehörden in den nach dem Luftverkehrsgesetz vorgesehenen Gremien. Wir halten es für geboten, Sie auf eine nach unserer Auffassung problematische Situation aufmerksam zu machen:

Am 14.12. 2006 hat der Deutsche Bundestag ein Fluglärmschutzgesetz beschlossen, das nach unserer Auffassung die Betroffenen unzureichend schützt. Wir bezweifeln, dass es den verfassungsrechtlichen Anforderungen insbesondere nach Art. 2, Art. 3 und Art. 14 GG genügt.

Uns liegen zwei Dokumente vor, aus denen hervorgeht, dass der Vorsitzende Richter des
4. Senats des Bundesverwaltungsgerichtes, Herr Dr. Paetow, gemeinsam mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Gronefeld an der Formulierung einzelner Artikel des Gesetzes mitgewirkt hat.

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, vertritt Herr Rechtsanwalt Dr. Gronefeld überwiegend die Luftfahrtseite. Aus welchem Grund der Vorsitzende Richter des 4. Senats, der für Luftverkehrs- und Fluglärmfragen zuständig ist, sich entschlossen hat, den Gesetzgeber in Kooperation mit Herrn Dr. Gronefeld bei der Formulierung des Gesetzes zu unterstützen, entzieht sich unserer Kenntnis.

Wir haben allerdings sehr aufmerksam verfolgt, welche Positionen von Herrn Dr. Paetow vertreten worden sind und welche Inhalte er in der Anhörung zum Fluglärmschutzgesetz am 8.5.2006 eingebracht hat.

Seine grundsätzliche Einschätzung zu Auseinandersetzungen um den Aus- und Neubau von Verkehrsflughäfen halten wir für bedenklich. Herr Dr. Paetow äußerte:

„Man kann diese nur als eine enorme volkswirtschaftliche Verschwendung (im Original fett hervorgehoben) von Zeit und menschlicher Arbeitskraft zahlloser Personen in Behörden und Gerichten sowie bei Betreibern, Lärmbetroffenen, Rechtsanwälten und Sachverständigen bezeichnen. Das Planfeststellungsverfahren um den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönfeld

und das anschließende Gerichtsverfahren ist ein wahrhaft abschreckendes Beispiel hierfür. Dieschon laufenden oder bevorstehenden Verfahren um neue Start- und Landebahnen in Frankfurt a.M. und München lassen ein ähnliches Schreckensszenario erwarten, wenn sich auf der normativen Ebene nichts ändert.“ (siehe Deutscher Bundestag, Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 16. WP Ausschussdrucksache 16(16)22).

Herr Dr. Paetow vergleicht die Flughafenausbauvorhaben mit dem Ausbau und Neubau von Straßen und Schienenwegen, vergisst aber bei seinen Ausführungen, dass bei Straßen- und Schienenwegen Schallschutzmaßnahmen z.B. durch Lärmschutzwände möglich sind – nicht jedoch bei Flughafenausbauten.

Die gesellschaftliche Auseinandersetzung bei Fluglärmfragen ist deshalb weitaus umfassender, da nicht nur der Gesundheitsschutz und das Ruhebedürfnis von Betroffenen, sondern auch der möglicherweise bis zur enteignungsähnlichen Belastung von Grundstücken gehende Flugverkehr in seiner Notwendigkeit abzuwägen sind. Die mit einem Flughafenausbau einhergehenden Belastungen bedeuten regelmäßig einen empfindlichen Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtsgüter; die Betroffenen haben Anspruch auf eine entsprechend intensive gerichtliche Prüfung. Aussagen wie oben zitiert wecken Zweifel an der Bereitschaft Herrn Dr. Paetows, mit der gebotenen Intensität die Argumentation Betroffener zu prüfen. Diese Zweifel werden auch gestützt durch seine Verhandlungsführung im Prozess zum Ausbau des Berlin-Schönefelder Flughafens, in dem er die von Betroffenen benannten Gutachter unter einen unangemessenen Zeitdruck gesetzt hat.

Erstaunt hat uns schon anlässlich der Anhörung die Auffassung von Herrn Dr. Paetow, dass „ein Dauerschallpegel von 55 dB(A) nicht für die Bildung eines echten Grenzwertes bei Zulassungsentscheidungen“ in Betracht kommt. Auch diese Aussage lässt erkennen, dass Herr Paetow voreingenommen zum Nachteil der Lärmbetroffenen ist. Dabei dürfte Herrn Dr. Paetow bekannt sein, dass das Umweltbundesamt ab genau diesem Wert von erheblichen Belästigungen ausgeht. Die erhöhte Belästigungswirkung von Fluglärm und das anerkannte Kriterium der erheblichen Belästigung bei Verkehrslärm vorausgesetzt, ist die Auffassung von Herr Dr. Paetow nicht nachvollziehbar.

Auch mündlich hat Herr Dr. Paetow sich in einer Weise geäußert, die Zweifel an seiner Bereitschaft wecken, sich ernsthaft mit der Problematik auseinander zusetzen

„Die Verfahren sowohl bei den Behörden als auch bei den Gerichten dauern in diesen Lärmschutzfragen unerträglich lang, sind immer wieder dasselbe, es ist nicht auszuhalten.“ (Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Korrigiertes Wortprotokoll, 11. Sitzung - öffentliche Anhörung, Montag, 08. Mai 2006, 11:30 Uhr bis 15:30 Uhr)

In dem uns vorliegenden Dokument (das uns aus Bundestagskreisen zugespielt wurde) führt Herr Dr.Paetow aus:

„Die Diskussion über die „Zumutbarkeit des Fluglärms“ nimmt in den Einwendungen in Planfeststellungs- oder Genehmigungsverfahren sowie in anschließenden Gerichtsverfahren einen überragenden Raum ein. Dies kann durch die vorgeschlagene Änderung des LuftVG erheblich verringert werden.“

Im Weiteren wird eine „Folgeänderung“ vorgeschlagen:

„Es wird vorgeschlagen, § 40 Abs.1 Nr.10b Luftverkehrszulassungsordnung zu streichen.“

Begründung:

„Wenn die für den Schallschutz erheblichen Lärmwerte gesetzlich festgeschrieben sind, bedarf es keines weiteren lärmmedizinischen Gutachtens mehr.“

Diese Auffassung halten wir für äußerst problematisch, wenn sie von dem der Unabhängigkeit verpflichteten Vorsitzenden Richter des für Luftverkehrsfragen zuständigen Senats kommen sollte. Gerade weil die Grenzwerte hoch angesetzt sind, halten wir es weiterhin für geboten zu prüfen, ob nicht aufgrund neuer Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung, die in lärmmedizinischen Gutachten beschrieben werden sollten, aufgrund des durch Art. 2 GG gegebenen Schutzanspruchs niedrigere Grenzwerte anzusetzen sind.

Wir bitten Sie zu prüfen, ob Herr Dr. Paetow diese Aussagen getroffen oder unterstützt hat.

Der Vollständigkeit halber weisen wir daraufhin, dass diesen Vorschlägen, die die Luftverkehrslobby seit Jahren versucht hat durchzusetzen, seitens des Gesetz- und Verordnungsgebers bisher nicht gefolgt worden ist.

Bei einem weiteren Punkt, der erheblich Auswirkungen für Fluglärmbetroffene hat, haben sich Dr. Paetow / Dr. Gronefeld für eine „abschließende Wirkung“ im § 13 FluglärmG eingesetzt. Alle Ansprüche Betroffener wären qualitativ auf die Regelung passiver Schutzmaßnahmen beschränkt; insbesondere wäre die Festsetzung aktiver Schallschutzmaßnahmen ausgeschlossen worden.

„Mit abschließender Wirkung“ sollten geregelt werden:

Bauverbote und die Entschädigung von Bauverboten; sonstige Beschränkungen der baulichen Nutzung; Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schutzmaßnahmen; Anforderungen an baulichen Schallschutz sowie die Beeinträchtigung des Außenwohnbereiches.

Hier bitten wir ebenfalls um Überprüfung, ob Herr Dr. Paetow diese Auffassungen zuzuschreiben sind. Der Vollständigkeit halber informieren wir Sie, dass der Gesetzgeber diesen Vorstellungen nicht gefolgt ist.

Wir erwarten von Richtern auch, dass sie sich unbefangen auch mit der Frage auseinander setzen, ob ein Gesetz verfassungsgemäß ist, und sich ggf. an das Bundesverfassungsgericht wenden. Wir halten es auch mit dem Prinzip der Gewaltenteilung für nicht vereinbar, dass ein Richter, der an der Formulierung von Gesetzen mitgewirkt hat, diese Gesetze anwendet und auslegt.

Wir bitten Sie um Aufklärung der beschriebenen Vorgänge.

Mit freundlichen Grüßen

Helmut Breidenbach
Präsident der Bundesvereinigung gegen Fluglärm

 


     


Bündnis der Bürgerinitiativen Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot
Verantwortlich: Winfried Heuser, Frankfurt/Main, Sprecher des Bündnisses