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Frankfurt, den 27. August 2004
A380-Werft hat auch innerhalb
des Flughafenzauns Platz - Fraport erweitert Genehmigungsantrag
-
Verfahrensführung des Wirtschaftsminister auf rechtlich dünnem
Eis
Die umstrittene Werft für den neuen
Riesen-Jumbo A380 kann innerhalb des Flughafenzauns errichtet
werden. Das ist für den Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND) das wichtigste Ergebnis der geänderten
Fraport-Planung. Fraport hat den Planfeststellungsantrag überraschend
erweitert. „Schritt für Schritt kommen die Fehlplanungen
und Unwahrheiten ans Licht“, erklärt BUNDvorstandssprecherin
Brigitte Martin. Der Umweltver-band rügt außerdem Rechtsverstöße
durch die Genehmigungs-behörde. „Der Wirtschaftsminister
ist an einer Stelle klar eingebrochen und bewegt sich mit dem
gesamten Plan-Änderungsverfahren rechtlich auf extrem dünnem
Eis“, kritisiert die Rechtsanwältin des BUND, Ursula
Philipp-Gerlach. Da noch immer nicht alle Sachverständigen-Gutachten
vorliegen, wird es für das Genehmigungsverfahren zeitlich
sehr eng.
Die Anfang August beim BUND eingetroffenen
Akten beinhalten handfeste Überraschungen. Die Flächenreduktion
fällt mit 2,1 statt zunächst gemeldeter 9 Hektar Bannwald
viel bescheidener aus, als zunächst verkündet (FAZ vom
15.07.04). Dafür enthalten die Unterlagen viele neue Sachverhalte
und ihr Umfang stieg von sieben auf elf Ordner, von denen der
BUND aber nur sieben erhielt. Überraschend hat Fraport den
Planfeststellungsantrag um wasserrechtliche Zulassungen erweitert
und begründet die gewaltige Größe der Werft nun
gleichrangig mit einem voraussichtlichen Defizit für die
Wartung erstens der Interkontinental-Maschinen und zweitens der
künftigen A380-der Lufthansa. Neu ist auch, dass Fraport
die bisherige Entwässerungsplanung komplett ersetzt und hierzu
nun auch erstmals wasserrechtliche Genehmigungen selbst beantragt.
Auf Grund der Beanstandungen des BUND wurde auch das Kapitel zu
den gesetzlich geschützten Arten im alten Antrag komplett
gestrichen und neu geschrieben.
Die größte Überraschung erbrachte
das Zwischenergebnis zu einem neuen Fledermaus-Gutachten. Die
in ganz Europa seltene und streng geschützte Bechsteinfledermaus
hat im Werftbereich eine für diese Art große Kolonie
mit über 30 Weibchen, die durch das Vorhaben ihren Lebensraum
verlieren werden. Dieses Ergebnis hat einschneidende Konsequenzen,
da die Errichtung der A380-Werft im dem europarechtlich nach der
Flora-Fauna-Habitat (FFH) - Richtlinie geschützten „Mark-
und Gundwald“ nun strikt verboten ist und nur unter sehr
engen Voraussetzungen im Wege einer Ausnahmege-nehmigung zugelassen
werden kann. Um diese Vorausetzungen zu erfüllen, musste
die Fraport weitere Unterlagen vorlegen und erstmals auch Realisierungsmöglichkeiten
innerhalb des Flughafens präsentieren, die das Unternehmen
aus Kostengründen für „unzumutbar“ hält.
Die oberflächliche Behandlung der Kostenfrage durch die Fraport
- es wurden nur Einzelposten benannt, eine nachlesbare Zusammenstellung
fehlt - macht den BUND zuversichtlich, dass die nun benannten
Alternativen die Diskussion um die angeblichen Sachzwänge
völlig verändern wird. Zudem hat die Fraport eine völlig
unvollständige Alternativenbetrachtung vorgelegt, die keinen
einzigen Vorschlag des BUND oder der Kommunen auch nur andiskutiert.
„Da die Fraport im Erörterungstermin aber zugab, dass
die CCT-Werft, die derzeit am Flughafen errichtet wird, nach einem
Umbau A380-tauglich gemacht werden kann, wird die Diskussion um
Standorte innerhalb des Zauns jetzt erst richtig beginnen“,
ist sich Brigitte Martin vom BUND sicher. Unzureichend sind die
Unterlagen nach Meinung des BUND auch in weiteren Punkten. So
fehlen ein Konzept, in dem der unterschiedliche Wartungsbedarf
der Interkontinentalflotte im Ausbau- und im Nichtausbaufall gegenübergestellt
wird, und Erläuterungen, warum die Wartung der Interkont-
und der A380-Flugzeuge zwingen in einer Werft geschehen müssen.
Klar rechtswidrig hat der Wirtschaftsminister
gehandelt, indem er das laufende Plan-Änderungsverfahren
selbst einleitete. Nach den gesetzlichen Vorgaben liegt diese
Zuständigkeit eindeutig beim RP Darmstadt. Da außerdem
neue rechtliche und tatsächliche Sachverhalte eingeführt
werden, ist auch die Wahl des Verfahrens falsch. Statt der verkürzten
Beteiligung nur von einzelnen Einwendern wie dem BUND, hätten
die Unterlagen für die Öffentlichkeit neu ausgelegt
werden müssen. Doch der vom Flughafenausbau betroffenen Bevölkerung
wurden die erheblichen Planänderungen bislang vorenthalten.
Unverständlich ist für den BUND, dass der Wirtschaftsminister
ihm seit Wochen die sonst übliche Einsicht in die Verfahrensakten
mit der Begründung verweigert, dass die Stellungnahme der
oberen Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums nach
dem Erörterungstermin nicht getrennt, sondern als Bestandteil
der gesamten RP-Stellungnahme beim Ministerium einging. Für
die Rechtsanwältin des BUND ist dieses Argument „vorgeschoben“.
Denn auch der gesetzliche Anspruch auf Umweltinformationen, den
der BUND hilfsweise stellte, ist seit Wochen unbeantwortet. „Solche
rechtliche Kleinkrämerei tritt erfahrungsgemäß
auf, wenn die Behörde unsicher ist und etwas verbergen will“,
weiß die Fachanwältin für Verwaltungsrecht Ursula
Philipp-Gerlach.
Zeitlich wird es nun für die Genehmigung
sehr eng. Nach den neunen Antragsunterlagen soll die Rodung des
Bannwaldes noch in diesem Winter kurz vor Weihnachten, am 20.12.04,
erfolgen. Doch noch wartet der BUND auf fehlende Sachverständigengutachten,
die er mit Bitte um die Gewährung der gesetzlich garantierten
„angemessenen Frist“ schon am 10.08.04 anforderte.
Damit nicht genug, hat der Verband nun auch noch erfahren, dass
das Land Hessen im Hochsommer plötzlich vertiefende Untersuchungen
zu den Fledermäusen anordnete. Da die Regionalversammlung
erst am 05.11.04 entscheidet, ob das Vorhaben mit dem gerade wieder
neu in Kraft gesetzten Regionalplan vereinbar ist, ist der vom
Fraport-Vorsitzenden kürzlich in einem Interview genannte
Termin für die Planfeststellung noch im Oktober nicht mehr
möglich. „Wie beim Gesamtausbau verkündet Wilhelm
Bender wissentlich Wunschtermine, um die Börse bei Laune
zu halten“, vermutet Brigitte Martin vom BUNDvorstand.
Übersicht:
A. Folgende Plan-Änderungen wurden vorgenommen
1. Aufgabe des Parkhauses,
2. Änderung des Verlaufs der Okrifteler Straße und
3. Verlegung der geplanten Toreinfahrt 31
B. Folgende Unterlagen wurden erstmals oder
geändert eingestellt
1. die Umweltverträglichkeitsprüfung
2. die Eingriffs- und Ausgleichsplanung
3. die FFH-Verträglichkeitsprüfung und
4. die Verträglichkeitsprüfung für das EU-Vogelschutzgebiet
5. die Prüfung für gesetzlich geschützte Arten
6. die Entwässerungsplanung
7. die Verkehrsbelastung der verlegten Okrifteler Straße
8. die Lärmentwicklung des Vorhabens
Obwohl das Parkhaus in den ursprünglichen
Unterlagen als integraler Bestandteil der Planung ausgewiesen
wurde, weil nur so die Erschließung gesichert sein, erfährt
man in den neunen Unterlagen nicht, wo die Stellplätze für
die Werft-Mitarbeiter künftig vorgehalten werden.
Rückfragen beantwort Ihnen
Thomas Norgall, Naturschutzreferent des Bund Hessen
BUND Hessen
Triftstr. 47, 60528 Frankfurt/M. - Niederrad
Telefon: 069 - 67 73 76 14 - Telefax: 069 - 67 73 76 20
eMail: thomas.norgall@bund.net
www.bund-hessen.de
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