20. Oktober 2006
Pressemitteilung der Kommission zur Abwehr des Fluglärms Flughafen
Frankfurt Main
Gesetz aus der
Feder der Luftverkehrslobby
Die Sendung des Politmagazins „Monitor“
am Donnerstag, den 19.10.06 offenbarte, was bislang nur plausibel
zu vermuten war: Lobbyisten der Luftverkehrswirtschaft „arbeiten“
im Bundesverkehrsministerium und nehmen dort offenkundig Einfluss
auf die Gestaltung eines Gesetzes, das den Anspruch erhebt, die
Menschen vor dem schädlichen Fluglärm in der Umgebung
von Flugplätzen besser zu schützen.
Monitor stützt sich in seiner Berichterstattung
auf eine parlamentarische Anfrage des Bundestagsabgeordneten Roland
Claus (DIE LINKE). In der Beantwortung seiner Anfrage nach Beschäftigung
von Luftverkehrslobbyisten im Bundesverkehrsministerium werden
u. a. folgende Unternehmen genannt: Fraport AG, Flughafen Köln/Bonn
GmbH, Deutsche Flugsicherung, Deutscher Aero Club e.V.
Nach Auskunft des Ministeriums werden diese
„Beschäftigten“ von ihren Entsendestellen, also
den Luftverkehrsunternehmen, bezahlt. Sie arbeiten an „aktuellen
Themenstellungen mit, die im Zusammenhang mit (...) luftrechtlichen
Fragestellungen stehen“.
Die wesentliche „aktuelle Themenstellung“ in deren
Zusammenhang „luftverkehrsrechtliche Fragestellungen zu
klären sind, stellt die Arbeit am neuen Fluglärmschutzgesetz
dar.
Offen bekennt der ehemalige Staatssekretär
im Bundesumweltministerium, Baake, dass das Bundesverkehrsministerium
auf den vom Bundesumweltministerium erarbeiteten Gesetzentwurf
massiv Einfluss genommen und ihn maßgeblich zugunsten der
Luftverkehrswirtschaft verändert habe.
Diese Einschätzung eines Insiders deckt
sich völlig mit den Erfahrungen der Vertreter der deutschen
Fluglärmkommissionen und der Lärmschutzverbände.
Fortlaufend wurde der Entwurf den Vorstellungen der Luftverkehrswirtschaft
weiter angepasst.
Vertreter der Luftverkehrswirtschaft wurden
sogar noch während der Beratung des Gesetzentwurfes durch
die Koalitionsfraktionen dazu eingeladen, dem Bundesumweltministerium
„Formulierungshilfen“ zu geben. Was nun noch in diesem
Jahr beschlossen werden soll ist ein Gesetz, das den Fluglärm
(und damit die Luftverkehrswirtschaft) vor den Bürgern schützt,
nicht umgekehrt.
Es ist ein Skandal, dass ein sorgfältiges
Abwägen von Interessen dadurch unterlaufen wird, dass die
Lobbyisten der Großunternehmen die vom Bundestag zu beschließenden
Gesetze selbst mit gestalten.
Die eingetretene Situation macht ein sofortigen
Stopp der Beratung des Gesetzentwurfes im Deutschen Bundestag
erforderlich.Zunächst muss schonungslos aufgeklärt werden,
welche Veränderungen der Gesetzentwurf seit seiner Ausgestaltung
durch das Bundesumweltministerium ausgesetzt war und wie diese
begründet sind.
Würde dieses Gesetz so wie derzeit zwischen
den Koalitionsfraktionen unter direkter Beteiligung der Luftverkehrslobby
verabschiedet, dann muss man sich ernsthaft fragen, wer in diesem
Land über das Wohl der Allgemeinheit bestimmt.
Thomas Jühe
Bürgermeister der Stadt Raunheim
Vorsitzender der Fluglärmkommission Frankfurt
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen
Mitglied des Beratungsausschusses nach § 32 a Luftverkehrsgesetz
zurück zu Startseite
|