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Neu-Isenburg, 01. Dezember 2008


An
Hessischer Verwaltungsgerichtshof
11. Senat
Brüder-Grimm-Platz 1
34117 Kassel

Sehr geehrter Herr Dr. Zysk,
sehr geehrte Damen und Herren,

im Namen der Neu-Isenburger Bürgerinnen und Bürger möchten wir hiermit unsere Betroffenheit zum Ausdruck bringen, dass durch die Entscheidung Ihres Senats die Zahl der Kläger von ca. 250 auf gerade mal 11 Musterkläger reduziert wurde. Dies betrifft auch die Kommune Neu-Isenburg und die hier ansässigen Privatkläger.
Diese Entscheidung ist für uns nicht nachvollziehbar. Die nichtberücksichtig-ten Kommunen sind in höchst unterschiedlicher Form vom Fluglärm betroffen und als Kläger in keiner Weise austauschbar. Wir fühlen uns durch die von Ihnen ausgewählten Kläger nicht vertreten.

Wie kaum eine andere Kommune leidet Neu-Isenburg in dreifacher Weise sowohl unter dem An- als auch unter dem Abflugverkehr sowie unter Bodenlärm. Zu 75 % des Jahres donnert der gesamte Landeanflug in einer Höhe von unter 500 Metern über den Nordwesten unserer Stadt. Dieser wird unmittelbar von der Südbahn tangiert. Der Fluglärm erreicht Einzelschallereignisse zwischen 70 und 80 dB. Bei Ostwetterlage
mehren sich die Überflüge über das Stadtgebiet vor allem zur Nachtzeit mit teilweise noch lauteren Einzelschallereignissen.
Der drohende Ausbau wird diese Situation noch verschlimmern. Wir rechnen mit einer Zunahme des schon jetzt unerträglichen Zustandes um mehr als 50 %. Der vergrößerte Abstand der beiden Landebahnen (alte Südbahn, neue Nordwestbahn) ermöglicht ein unabhängiges paralleles Landesystem. Wir müssen leider davon ausgehen, dass die näher an der Stadt liegende Südbahn überproportional belegt werden wird, durch schwerere Maschinen, höhere Frequenz und im Nachtverkehr, da die Nordwestbahn in den Nachtstunden nicht beflogen werden soll.

Ihre Entscheidung betrifft aber nicht nur die Kommune sondern auch die Privatkläger, die sich ihrer Möglichkeit beraubt sehen, ihre Betroffenheit vor Gericht vortragen zu können. Der Verlust an Lebensqualität sowie die drohenden gesundheitlichen Folgen für die hier ansässige Bevölkerung sind schwerwiegende Begleit- und Folgeerscheinungen, die dem nicht zuletzt auch von Ihnen schon in früheren Verfahren zitierten öffentlichem Interesse stärker gegenüber gestellt werden müssten, als dies durch die Ausklammerung nahezu sämtlicher Privatkläger vermuten lässt.

Was uns aber über Ihre Entscheidung zur Steuerung des Verfahrens hinaus im höchsten Maße irritiert, ist die Eile, mit der jetzt der Sofortvollzug angeordnet werden soll. Fraport hat angekündigt, dass man umgehend eine positive Entscheidung erwartet und dann sofort mit den Rodungsarbeiten beginnen werde.
Die Weltwirtschaft wird nach Meinung aller Experten auf nicht absehbare Zeit so stark schrumpfen, wie nie zuvor. Dies betrifft auch den Luftverkehr. Die Rezession der nationalen und globalen Wirtschaft hat am Frankfurter Flughafen Wachstum ins Gegenteil verkehrt.
Laut Fraport sank die Zahl der Passagiere des Frankfurter Flughafens im Oktober 2008 um 4,9 % und im September um 3,9 %. Bereits in den Monaten Juli und August 2008 waren die Passagierzahlen gegenüber den Vorjahresmonaten rückläufig. Noch stärker war davon das für Frankfurt so wichtige Frachtgeschäft betroffen. Dieses Volumen sank im Vergleich zum September 2007 um 5,4 % und im Oktober um 4 %. Im Vergleich zu den Vorjahresmonaten. Im August und Juli 2008 verringerte sich das
Volumen in diesem Verkehrssegment ebenfalls gegenüber den Vorjahresmonaten, und zwar um 5,2 % bzw. 1,0 %.

Fraport-Chef Bender hat auf seiner Pressekonferenz am 06.11.08 zum Ausdruck gebracht, „dass es ein kontinuierliches Verkehrswachstum, wie wir es seit Jahren gewohnt waren, im Moment für unseren Heimatstandort Frankfurt nicht mehr geben wird." Er beschränkt diese negative Erwartung nicht nur auf die Geschäftsreisen, sondern sieht sie auch für die Urlaubsfliegerei. Und er lässt sie auch zeitlich völlig offen. Ähnlich skeptisch sieht es auch die internationale Flugverkehrsindustrie. Die internationalen Airlines legen Flottenteile still. Selbst Dubai ringt im Moment mit Finanzierungsproblemen.
Angesichts einer Bausumme von inzwischen mehr als 6 Milliarden Euro und vor dem Hintergrund einer mehr als ungewissen wirtschaftlichen Entwicklung gehören unserer Meinung nach die zur Rechtfertigung des Ausbaus seinerzeit erstellten Gutachtern und Prognosen sämtlich auf den Prüfstand. Dies nicht zuletzt im Sinne des von Ihnen in früheren Verfahren immer wieder hervorgehobenen öffentlichen Interesses.

·Beim Rohölpreis wurde mit 40 Dollar gerechnet, gleichbleibend bis 2020. Der derzeitige Rückgang ist nicht von Dauer. Die internationale Energieagentur
erwartet 200 Dollar spätestens 2030.

Neue Arbeitsplätze, die indirekte Begründung für den Ausbau, gibt es nicht. Der Ausbau bringt Rationalisierung. Lufthansa beklagt, dass ein Großteil ihrer Flüge nur noch zu 50 % ausgelastet ist, streicht deshalb im Winterflugplan 160 Flüge und reduziert das Personal. Die Umstellung einer einzigen Verbindung auf kostengünstigere größere Maschinen führte dazu, dass sie 200 Mitarbeiter
weniger beschäftigt. Bei der LH-Tochter Cityline sollen gar 2000 Stellen
wegfallen.

Die Gesundheitsschäden für die Bevölkerung sind neu zu bewerten. Die von
den Fraport-Gutachtern angenommenen Werte sind widerlegt. Massive
Schädigungen sind nachgewiesen und treten bei viel geringeren Pegeln ein.
Kinder lernen in Fluglärmgebieten deutlich schlechter.
(Deutsches Ärzteblatt, Jg. 105, Heft 31-32, 4. August 2008, S.
548-556)
Die gesundheitlichen Schäden haben darüber hinaus auch beträchtliche
monetäre Auswirkungen. Auch dieser volkswirtschaftliche Aspekt ist, wie
wir finden, von öffentlichem Interesse und sollte weiter untersucht werden. Wir beziehen uns hier unter anderem auf die vom RDF in Auftrag gegebene Studie „Ermittlung externer Kosten des Flugverkehrs am Flughafen Frankfurt/Main durch monetäre Werte für Gesundheitseffekte und Schlafqualität“ durchgeführt von Professor Friedrich Universität Stuttgart. Wir verweisen außerdem
auf den beigefügten Beitrag von Dr. Drouin, Neu-Isenburg.

Ein abgeholzter jahrhunderte alter Wald ist ein irreversibler Schaden. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Waldrodung bei dem Projekt der Werft für den A380. Auch diese wurde mit besonderer Dringlichkeit und öffentlichem Interesse begründet. Auf der gerodeten Fläche wurde dann aber nur eine halbe Halle gebaut. Inzwischen, so der Betreiber, habe man festgestellt, man benötige die genehmigte Größe in den nächsten Jahren nicht. Für den Zweck, der die Genehmigung und die Eile
rechtfertigen sollte, wird die Halle bis heute noch nicht benutzt. Die Lufthansa hat noch keinen der bestellten A380 erhalten. Nach jüngsten Ankündigungen des Herstellers soll die erste Maschine frühestens im Herbst 2010 geliefert werden. Auch andere Linien fliegen Frankfurt mit diesen Flugzeugen noch nicht an.

Angesichts dieser völlig unübersichtlichen wirtschaftlichen Situation möchten wir dringend an Sie appellieren, den Sofortvollzug solange auszusetzen bis zumindest rechtliche Klarheit durch das anstehende Hauptverfahren geschaffen sein wird.


Mit freundlichen Grüßen
Sabine Arning
Stefan Dingert
Dr. Herbert Drouin
Norbert Sahlfeld
Nick Timm
Hans Joachim Zott

Für die Neu-Isenburger Bürgerinitiative gegen Fluglärm und Schadstoffbelastung
 


     


Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr