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Verschlußsache
Gutachten
Das Hessische Ministerium für Wirtschaft und Verkehr gab zwei
Gutachten in Auftrag (an TÜV Essen und TU Braunschweig), die
Klarheit schaffen sollten, ob der Bau einer Landebahn Nordwest in
unmittelbarer Nachbarschaft zur Ticona zulässig sei. Auch Fraport
ließ zwei Gutachten erstellen (von GfL und NATS).
Die ersten drei Gutachten lagen dem Hessischen Wirtschafts-ministerium
im Mai 2003 vor. Das Gutachten des TÜV Essen ergab eine Absturzwahrscheinlichkeit
von einmal in 600 Jahren. Das im Auftrag von Fraport erstellte Gutachten
der Gfl hatte als Ergebnis ein Absturzrisiko von einmal in 2778
Jahren. Beides sind inakzeptable Werte. Lediglich das Gutachten
des NATS ergab ein Risiko von 1: 100.000. Veröffentlicht wurden
die Gutachten bisher nicht. Sie wurden auch nicht den betroffenen
Kommunen zur Verfügung gestellt. Dafür wurde das Gutachten
des TÜV Essen jedoch sofort Fraport, Lufthansa und der Vereinigung
Cockpit vorgelegt. Da vor allem dessen Ergebnis der Hessischen Landesregierung
und Fraport nicht passte, wurde das Gutachten flugs als „Entwurf“
deklariert, „Nachbesserungen“ mit einge-schlossen. So
wurde auch im Fall der GfL ein zweites Gutachten nachgeschoben,
das plötzlich nur noch zu einer Absturzwahr-scheinlichkeit
von 1:100.000 Jahren kam.
Noch bevor alle Gutachten angefertigt waren,
wusste Wirtschafts- und Verkehrsminister Rhiel zu berichten, dass
der Bau der Nordwest-Bahn kein höheres Risiko zur Folge haben
werde. Doch dann war auch die Expertise der TU Braunschweig fertig,
mit der Aussage, Landebahn und Ticona seien unter den gegebenen
Bedingungen nicht miteinander vereinbar. Aufgrund dieses Ergebnisses
wurden weitere Gutachten zur Qualitätssicherung vergeben,
wohl in der Hoffnung, dadurch die Aussagen der ersten Expertisen
relativieren zu können. Seit Mai warten die Betroffenen auf
die Offenlegung. Immer wieder wurde der Termin verschoben. Statt
dessen werden so lange Gutachten produziert, bis es für die
Ausbaubetreiber passt.
Ticona selbst, sowie die Gemeinden
Hattersheim und Kelsterbach haben in dieser Zeit beim zuständigen
Bundesumweltministerium beantragt, die Störfallkommission
des Bundes einzuschalten. Voraussichtlich im Januar 2004 wird
die Störfallkommission ihr Votum abgeben, ob eine Nordwest-Piste
mit Ticona kompatibel ist. Ihr Urteil ist rechtlich nicht bindend
und könnte von der Genehmig-ungsbehörde außer
Acht gelassen werden. Ob die Hessische Landesregierung sich im
Zweifelsfall traut, sich darüber hinweg zu setzen, bleibt
abzuwarten.
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