Sehr geehrter Herr Heuser,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 24.
September. Ich bin, wie Sie vielleicht wissen, Mitbegründer
der Bürgeraktion PRO Flughafen und ein klarer Befürworter
des Flughafenausbaus. Es wird Sie daher nicht wundern, daß
ich Ihrer Bitte nicht folgen und der Abweichung vom Regionalplan
Südhessen am 5. November zustimmen werde.
Der Ausbau des Frankfurter Flughafens betrifft
uns alle. Er sichert die vorhandenen und schafft neue Arbeitsplätze.
Damit leistet der Ausbau einen wichtigen Beitrag für die
zukünftige Entwicklung der Region Rhein-Main. Ich verhehle
dabei nicht, daß mit dem Flugbetrieb und dem Ausbau des
Flughafens auch Probleme verbunden sind und ich setze mich sowohl
als Mitglied der Bürgeraktion als auch als Mandatsträger
im Deutschen Bundestag und in der Regionalversammlung Südhessen
dafür ein, diese Probleme zu lösen und unsere lebenswerte
Region zu erhalten undzu stärken.
Die Flugbranche ist ein Wachstumsmarkt, der
trotz schwankender Weltwirtschaft und Krisen immer wieder beweist,
daß er große Potentiale in sich birgt. Es ist anzunehmen,
daß uns gerade nach bewältigter Krise einer Periode
von überdurchschnittlichen Zuwachsraten im Luftverkehr bevorsteht,
und auch auf lange Sicht ist ein stetiges Wachstum zu erwarten.
Somit ist es für die am Flugverkehr beteiligten Unternehmen
unumgänglich, mitzuwachsen und sich auf eine größere
Nachfrage an Kapazitäten und Dienstleistungen vorzubereiten.
Wer hier nicht mitzieht - sei es weil er nicht kann oder nicht
darf - tritt auf der Stelle. Und wer auf der Stelle tritt, der
verliert im Verhältnis zu den wachsenden Konkurrenten an
Wichtigkeit und Einfluß.
Es geht also um nicht weniger als die Zukunftsfähigkeit
des Frankfurter Flughafens im Wettbewerb mit den anderen großen
Luftverkehrsdrehscheiben in Europa wie London, Paris und Amsterdam.
Stillstand in Frankfurt würde Abstieg in die zweite Liga
des internationalen Luftverkehrs bedeuten. Dann suchen sich die
Passagier-und Warenströme andere Wege und zwar nicht nur
an der Region Rhein-Main vorbei, sondern auch über Großflughäfen
außerhalb Deutschlands.
Was dies alles an negativer Entwicklung für
die Wirtschaft in der Region und für die Konjunktur in ganz
Deutschland bedeuten würde, mag man sich von der Tragweite
her gar nicht vorstellen. Die deutsche Industrie profitiert von
ihrem Know-How in der Hochtechnologie. Diese High-Tech-Unternehmen
sind aber auf weltweite Verkehrsverbindungen angewiesen und siedeln
sich deshalb bevorzugt in den Regionen um leistungsstarke Großflughäfen
herum an. Das bedeutet, daß durch diesen Effekt bis zum
Jahr 2015 insgesamt 100.000 neue Arbeitsplätze am Flughafen
und außerhalb entstehen, wenn die Verkehrsnachfrage abgedeckt
werden kann.
Vergleichbares gilt für das Großflugzeug
A 380. Wenn der Frankfurter Flughafen die A 380-Wartungshalle
nicht bauen darf, wird sie an einer anderen Stelle gebaut, das
ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Somit würde man
einem der größten Arbeitgeber Hessens, der Deutschen
Lufthansa, die Möglichkeit verwehren, seine Heimatbasis zu
stärken und ihn zwingen, die Halle sowie die damit verbundene
technische Ausrüstung, die Arbeitskräfte und das Know-How,
als auch die mit dem Projekt verbundenen Finanzen und Steuern,
an einen anderen Standort zu verlegen. Der A 380 ist als größtes
Verkehrsflugzeug der Welt ein herausragendes Beispiel deutscher
und europäischer Flugzeugtechnik. Dieses neue Großraumtransportflugzeug
wird erheblich leiser sein als alle heute existierenden vergleichbaren
Flugzeuge. Daher begrüße ich die Entscheidung der Lufthansa
sehr, den neuen Airbus 380 ab 2007 am Frankfurter Flughafen einzusetzen.
Das besondere an der Arbeitsstätte Flughafen
mit ihren derzeit mehr als 62.000 Beschäftigten bei über
500 Arbeitgebern ist die Tatsache, daß hier eine eindrucksvolle
Palette unterschiedlichster Tätigkeiten angeboten wird. Viele
Arbeitsbereiche am Airport gibt es sonst nirgendwo im Lande und
deshalb werden Mitarbeiter, die aus ganz anderen Berufen kommen,
umgeschult und spezialisiert. Dabei sind besonders bei der Flugzeugabfertigung
und in der Fracht nach wie vor viele manuelle Tätigkeiten
für Arbeiter ohne fachliche Vorkenntnisse auszuführen,
und das entlastet wiederum den Arbeitsmarkt.
Der Antrag für ein Nachtflugverbot mit
Inbetriebnahme der neuen Landebahn ist integraler fester Bestandteil
des kürzlich gestarteten Planfeststellungsverfahrens. Es
ist überhaupt nicht selbstverständlich, daß der
Betreiber eines internationalen Großflughafens von sich
aus eine nächtliche Betriebsruhe beantragt. Doch das Nachtflugverbot
ist der Preis, den die Betreibergesellschaft Fraport bereit ist
zu zahlen für eine Steigerung der Kapazität am Tag um
50 Prozent. Ziel ist im Sinne der Mediation:
Mehr Verkehr am Tag und dafür eine ruhige Nacht für
die Menschen in den Anrainer-Kommunen. Denn das Nachtflugverbot
am Airport Frankfurt bedeutet, daß es zwischen 23 und 5
Uhr tatsächlich keine geplanten Flüge mehr geben wird.
Darüber hinaus stellt Fraport finanzielle
Mittel im Rahmen des bereits angelaufenen Schallschutzprogramms
für Wohnungen und Häuser in besonders lärmbelasteten
Gebieten zur Verfügung und koppelt die Landegebühren
an den tatsächlich gemessenen Lärm
der Flugzeuge. Für laute Maschinen müssen Airlines also
deutlich mehr zahlen als für die modernen leisen.
Was die von Ihnen angeführten Firmen
auf der Suche nach einem neuen Firmensitz angeht, kann ich Sie
nur auffordern, entsprechende Anfragen an mich weiterzuleiten.
Ich bin sicher, hierfür geeignete Standortgemeinden zu finden.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Willsch, MdB
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