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Abstimmung im Europäischen Parlament

Eine Einschätzung, 22. Dezember 2012

Beschluss des Europäischen Parlaments, Einschätzung der AG Europa des „Bündnis der Bürgerinitiativen“

 

A

Das Rechtssetzungsverfahren des Verordnungsvorschlags über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Union unterliegt dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren nach Art. 294 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). In diesem Verfahren sind Rat und Parlament gleichberechtigte Entscheidungsträger. Im ersten Durchgang haben der Rat, im vorliegenden Fall der Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie, und das Europäische Parlament den Verordnungsvorschlag der EU-Kommission beraten und nachfolgende Beschlüsse gefasst:

•  Die allgemeine Ausrichtung des Rats für Verkehr, Telekommunikation und Energie vom 06.06.2012 und

•  die Entscheidung des Europäischen Parlaments vom 12.12.2012.

Sowohl die allgemeine Ausrichtung des Rats für Verkehr, Telekommunikation und Energie als auch die Entscheidung des Europäischen Parlaments ändern die Kommissionsvorlage; zudem unterscheiden sich beide Beschlüsse in wesentlichen Punkten.

Da der von der EU-Kommission vorgeschlagene Rechtsakt vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam angenommen werden muss, wird bei differierenden Beschlüssen in einem informellen Schlichtungsverfahren zwischen EU-Kommission, Rat und Europäischem Parlament, dem so genannten Trilog , eine Kompromisslinie erarbeitet. Auf dieser Grundlage beschließt der Rat den gemeinsamen Standpunkt der Regierungen. Billigt der Rat im gemeinsamen Standpunkt sämtliche Änderungswünsche des Europäischen Parlaments ist die Verordnung erlassen. Andernfalls leitet der Rat den gemeinsamen Standpunkt dem Europäischen Parlament zur zweiten Lesung zu.

 

B

In seiner ersten Lesung am 12.12.2012 hat das Europäische Parlament den Verordnungsvorschlag der EU-Kommission nach Maßgabe wesentlicher Änderungen mit deutlicher Mehrheit angenommen. Zum Beschluss des Europäischen Parlaments nehmen wir wie folgt Stellung:

1. Zunächst möchten wir auf wesentliche Bestandteile des Verordnungsvorschlags eingehen, bei denen es aus unserer Sicht bedauerlicherweise zu keinen Änderungen gekommen ist:

•  Da das Europäische Parlament den Vorschlag angenommen hat, hält es an der gewählten Form einer Verordnung fest. Wir dagegen plädieren für eine Fortschreibung der bestehenden Richtlinie. Beispielsweise würde bereits formal wegen der Höherwertigkeit von Verordnungsregelungen die Anwendung von Schutzvorschriften der Umgebungslärmrichtlinie und der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie verhindert. Wir liegen damit übrigens auf einer Linie mit dem deutschen Verkehrsministerium, dies könnte für den Trilog von Vorteil sein.

•  Lärmbedingte Betriebsbeschränkungen sind als erstes Mittel weiterhin nicht zulässig. Hier gab es keine Änderungen zu dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag.

 

2. Abänderungen, die aus unserer Sicht negativ zu bewerten sind:

Die Definition des ausgewogenen Ansatzes wurde namentlich am Ansatz der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) ausgerichtet. Wir lehnen diese Fixierung auf den ICAO Ansatz auf das Schärfste ab, da er Betriebsbeschränkungen als letztes Mittel in Erwägung zieht und Lärmminderungsverfahren einer reinen Kosteneffizienzbetrachtung unterzieht. Diese Änderung ist eine eindeutige Verschlechterung gegenüber dem ursprünglichen am Prinzip der Verhältnismäßigkeit orientierten Vorschlag der Kommission.

Mit dem ausschließlichen Verweis auf den ICAO-Ansatz wird zudem die inhaltliche Gestaltung des ausgewogenen Ansatzes komplett in die Hand der ICAO gegeben. Diese kann die Kriterien für die Zulässigkeit von Lärmminderungsmaßnahmen jederzeit und ohne parlamentarische Beteiligung ändern.

Selbst für die Fortentwicklung der Lärmschutztechnik an Flugzeugen soll ausschließlich die ICAO zuständig sein. Mit der Komplettausrichtung am Ansatz der ICAO erlangt der „Guidance on the Balanced Approach to Aircraft Noise Management“ der ICAO Rechtskraft. Dieser Leitfaden und die darin enthaltene Politik der ICAO sind damit maßgeblich für die Ausgestaltung der nationalen und europäischen Luftverkehrspolitiken.

 

3. Abänderungen, die aus unserer Sicht positiv zu bewerten sind:

•  Einführung einer Bestandsschutzregelung für bestehende Betriebsbeschränkungen. Betriebsbeschränkungen und Entscheidungen zum Betrieb von Flughäfen einschließlich Gerichtsentscheidungen und Ergebnisse von Mediationsverfahren, sofern sie schon vor dem Inkrafttreten der Verordnung umgesetzt oder geprüft wurden, unterliegen nicht dieser Verordnung.

•  Substitution des Aussetzungsrechts für neue Betriebsbeschränkungen durch ein ausschließliches Prüfrecht der EU-Kommission. Die EU-Kommission kann zu Betriebsbeschränkungen Stellung nehmen und diese Stellungnahme kann von den lokalen Behörden berücksichtigt werden, die Behörden müssen dies aber nicht tun.

•  Der Gesundheitsschutz ist mit mehreren Textänderungen aufgenommen worden. Wichtig ist hier der Anhang II des Verordnungsvorschlags, in dem bei der Bewertung der Kosteneffizienz die Gesundheit der Flughafenanwohner obligatorisch berücksichtigt werden muss. Hier besteht unserer Einschätzung nach allerdings die größte Gefahr einer Verwässerung im Trilog.

•  Das Europäische Parlament hat die Gefahr gesehen, dass die Umgebungslärmrichtlinie (ULR) durch diesen Verordnungsvorschlag ausgehebelt werden kann. Deshalb wurde festgehalten, dass die Lärmberechnungsmethoden aus der ULR angewendet werden müssen und Lärmbewertungen im Einklang mit der ULR stehen sollen.

•  Bei der Ergreifung von Lärmminderungsmaßnahmen berücksichtigen die Mitgliedsstaaten auch die An- und Abflugrouten (allerdings besteht hier die Gefahr der Anwendung des ICAO Ansatzes)

•  Das Europäische Parlament hat klar gestellt, dass die Verfahren des Rechtsschutzes Betroffener nach nationalem Recht durchzuführen sind.

C

Ausblick:

Wir müssen unsere Positionen in die Trilog Verhandlungen einbringen. Allen Beteiligten müssen wir klar machen, dass sie eine LEX-ICAO beschlossen haben. Verdeutlichen müssen wir, dass es zwar richtig ist, dass die Mitgliedstaaten die Lärmgrenzwerte und ggf. die Lärmziele festlegen dürfen, aber nach Erlass der Verordnung ausschließlich die ICAO die Zulässigkeit der Lärmminderungsmaßnahmen bestimmt. Letzteres müssen wir besonders den Vertretern der Bundesregierung erläutern, da die EU-Verordnung in der Parlamentsfassung vorsieht, dass auch die Mitgliedstaaten den ausgewogenen Ansatz der ICAO gesetzlich einzuführen haben.

Da wir damit rechneten, dass es nach der Abstimmung im Parlament zu einem Trilog kommen würde, haben wir im vergangenen Oktober ein Gespräch mit den parlamentarischen Staatssekretären Mücke (Bundesverkehrsministerium) und Reiche (Bundesumweltministerium) in Berlin geführt. Anwesend waren auch der Leiter der Unterabteilung LR1 Hartmut Spickermann und der Referatsleiter LR11 Dr. Stephan Zaß aus dem Bundesverkehrsministerium, mit denen wir weitere Gespräche planen um das Verkehrsministerium in den Punkten, in denen es auf gleicher Linie mit uns liegt zu stärken und unsere abweichenden Positionen zu verdeutlichen. Hier ist weitere Arbeit erforderlich.

Zudem müssen wir mit Vertretern der Generaldirektion Verkehr und mit den Europaabgeordneten, die im Trilog verhandeln, weitere Gespräche führen. Der Europaabgeordnete Jörg Leichtfried, der als Berichterstatter des Verkehrsausschusses die Verhandlungsdelegation des Europäischen Parlaments im Trilog anführen wird, hat bereits bei unserem Brüsselbesuch am 27.11.2012 einer Weiterführung unserer Gespräche zugestimmt.

An den Trilogsitzungen nehmen Vertreter des Europäischen Parlaments, des Rates sowie Beamte der Kommission teil. Die Anzahl der Teilnehmer ist auf ca. 10 aus jeder Institution beschränkt.

Der ausgewogene Ansatz der ICAO ist das Prüfverfahren der internationalen Zivilluftverkehrsorganisation, das im „Guidance on the Balanced Approach to Aircraft Noise Management“ Doc 9829 AN/451 festgeschrieben ist. Darin werden Lärmminderungsmaßnahmen auf die Reduzierung des Fluglärms an der Quelle, die Planung und Verwaltung der Flächennutzung, die betrieblichen Verfahren zur Lärmminderung und Betriebsbeschränkungen abschließend begrenzt und ihre Zulässigkeit ausschließlich an die Kosteneffizienz einer Maßnahme gebunden. Betriebsbeschränkungen sind in diesem Verfahren nur als letztes Mittel anzuwenden.

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Bündnis der Bürgerinitiativen
Kein Flughafenausbau - Für ein Nachtflugverbot von 22 - 06 Uhr